Er hat Willy Brandt schon gekannt, als der noch in norwegischer Majorsuniform im zerstörten Berlin auftrat. Angela Merkels flammenden Zorn zog er sich zu, weil er als Erster darüber schrieb, dass die Kanzlerin auch eine Visagistin mit auf ihre Reisen zu den Großen der Welt nahm. Und Gerhard Schröder machte ihm das schrägste Kompliment: "Sie sehen aus wie meine Großmutter."
Mainhardt Graf von Nayhauß-Cormons, geboren 1926, dienstältester Hauptstadt-Journalist, geachteter und gefürchteter Kolumnist, flog mit allen Großen der Bundesrepublik durch die Welt. An Ruhestand denkt er immer noch nicht. Rosen züchten wie Konrad Adenauer, ist nicht sein Ding. Der Journalist in ihm macht immer weiter. Nayhauß im Gespräch mit stern.de: "Warum ich nicht los lasse? Ich stehe auf dem Standpunkt, dass sich beschäftigen zum Mensch gehört und schreiben ist im Grunde genommen eine schöne Beschäftigung."
Eine Millionen Flugkilometer
Sieben Bücher hat er geschrieben. Über Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker. Über Bonn. Jetzt ist sein achtes Buch erschienen: "Die Geheimnisse der Kanzlerreisen. Unterwegs mit der Macht," vorgestellt von Hans-Dietrich Genscher in Berlin. Das passt. Genscher ist Experte. Gut eine Million Flugkilometer war Nayhauß mit deutschen Kanzlern auf Reisen. Bei Genschman dürften es noch ein paar mehr gewesen sein. Der soll sich ja zuweilen in der Luft selbst begegnet sein.
Geheimnisse auf Kanzlerreisen? Kann es die denn geben, da doch ständig die schreibenden "Wegelagerer" (Helmut Schmidt) an den Fersen der Mächtigen hängen? Ja, sagt Nayhauß. Zum Beispiel, "dass Helmut Kohl sich beim Baden am australischen Great Barrier Reef sich nicht in Badehose fotografieren lassen wollte." Als der FDP-Abgeordnete Helmut Haussmann ihn dennoch knipsen wollte, schrie der Kanzler: "Tu das Ding weg!" Geholfen hat es nicht, denn australische Paparazzi haben den "Dicken" dann doch noch in der Badehose erwischt.
Die kleinen Geheimnisse der Mächtigen: Nach Tibet nahm Kanzler Kohl zehn Sauerstoffflaschen mit. Kanzler Schröder hatte zwei Sprengstoff-Spürhunde in Afrika dabei. Angie ihre Visagistin, getarnt als "Mitarbeiterin des Kanzleramts." Einmal wurde Nayhauß von einem russischen Bodyguard in den Allerwertesten getreten, weil er nicht schnell genug aus dem Hotelzimmer war. Auf einem innerchinesischen Flug landete der Pilot im Gewittersturm und brachte die Journalisten-Maschine erst unmittelbar vor dem Autoparkplatz zum Halten. Nayhauß´ Fazit: "Das Beste, was man von über 120 Kanzlerreisen nach Hause bringt, ist - die heile Haut."
Am Tisch mit Kohl und Gorbatschow
Am liebsten reiste er mit Willy Brandt. Dem Puls der Zeitgeschichte am nächsten war er im Kaukasus, als Kohl und Michail Gorbatschow die Wiedervereinigung im Juli 1990 perfekt machten. Er war der einzige deutsche Journalist, der es bis zu dem Tisch schaffte, wo Gorbatschow, Kohl und Genscher sich nach getaner Arbeit feiern ließen. Möglich gemacht hat es der damalige Finanzminister Theo Waigel. Nayhauß: "Waigel sagte: ´Herr Nayhauß, kommen Sie mit, wir übergeben Gorbatschow die Franz-Josef-Gedenkmünze.` Da sagte ich: Die lassen mich nicht rein. Da sagte er: ´Sie sind mein Staatssekretär`.

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Frage an Graf Nayhauß: Stimmt es, dass sie auf einer Reise mit Kohl einmal versucht haben, die Dimension des Kanzler-Klos im Flugzeug auszumessen? Nayhauß: "Also das ist eine gut erfundene Story. Erfunden von Andreas Fritzenkötter, dem Medienmann Kohls. Der Spiegel hat sie gedruckt und eine Kollegin vom Stern hat sie immer wieder weitererzählt. Das bin ich nie wieder losgeworden, obwohl ich es in vielen Talkshows dementiert habe." Wie denn jetzt: XXL Klo oder nicht? Nayhauß: "Das weiß ich nicht, da müssen Sie im Spiegel-Archiv nachsehen, die haben es abgebildet."