Auslieferung an UN-Tribunal Mladic sitzt in niederländischem Gefängnis

Sein Versuch, die Auslieferung doch noch zu verhindern, war erfolglos: Der frühere serbische Armeechef Ratko Mladic ist an das UN-Kriegsverbrechertribunal überstellt worden. Vor seinem Abflug aus Belgrad hatte die Polizei ein Verwirrspiel organisiert.

Der mutmaßliche serbische Kriegsverbrecher Ratko Mladic ist am Dienstag von Serbien an das UN-Tribunal in Den Haag ausgeliefert worden. Der 69-Jährige traf in einer Sondermaschine der serbischen Regierung in Rotterdam ein. Von dort wurde er unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen in das Gefängnis in Scheveningen überstellt, wie am Abend offiziell bestätigt wurde.

Wenige Stunden zuvor hatte ein Gericht in Belgrad den Einspruch gegen die Auslieferung von Mladic abgelehnt. Kurz darauf unterzeichnete Serbiens Justizministerin Snezana Malovic die Auslieferungspapiere. "Mladic ist ausgeliefert", sagte sie vor der serbischen und internationalen Presse.

Mladic muss jetzt innerhalb von 48 Stunden erstmals vor dem Richter des UN-Tribunals erscheinen. Dann wird ihm die Anklage verlesen, anschließend muss er sich für schuldig oder unschuldig bekennen.

Besuch am Grab seiner Tochter

Vor seinem Abflug aus Belgrad hatte die Polizei aus Sicherheitsgründen ein Verwirrspiel organisiert. Insgesamt drei Kolonnen mit Polizei-Jeeps verließen im Abstand von einer Stunde das Gericht, in dem der 69-Jährige seit seiner Verhaftung in einer Zelle saß. Die Autobahn von der Belgrader Innenstadt in Richtung Flughafen wurde von der Polizei blockiert. Weil sich der Transport von Mladic zum Flughafen "Nikola Tesla" verzögerte, konnte die Justizministerin erst eine halbe Stunde später als geplant den Vollzug mitteilen.

Zuvor hatte Mladic das Grab seiner Tochter Anna besucht. Um sechs Uhr in der Früh wurde er unter strengen Sicherheitsvorkehrungen zum Grab auf dem Topcider-Friedhof gebracht. Die damals 24-jährige Medizinstudentin hatte sich im März 1994 mit der Pistole ihres Vaters umgebracht. Nach Medienberichten soll sie aus Gram über die Gräueltaten ihres Vaters gehandelt haben. Mladic selbst hatte immer von Mord gesprochen.

Ex-General angeblich in Tränen ausgebrochen

Die letzten Stunden vor seiner Abreise verbrachte er mit seinen engsten Verwandten. Sein Sohn Darko sowie die Enkelkinder waren bei ihm. Seine Frau Bosiljka hatte ihm einen großen Koffer mit Kleidung und persönlichen Gegenständen mitgebracht. Der Ex-General sei bei der Verabschiedung in Tränen ausgebrochen, berichtete sein Anwalt. Mladic hatte vor den Justizbehörden noch seine Ehefrau in Schutz genommen, gegen die ein Verfahren wegen unerlaubten Waffenbesitzes läuft. Es handele sich nicht um ihre, sondern um seine Waffen, hatte Mladic betont.

Mladic war am Donnerstag nach jahrelanger Flucht in Serbien gefasst worden und hatte bis zuletzt versucht, seine Überstellung zu verhindern. Der Ex-General ist vor dem Haager Tribunal wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Krieges von 1992 bis 1995 angeklagt. Er wird vor allem für das Massaker von Srebrenica mit rund 8000 Toten verantwortlich gemacht. Ihm droht lebenslange Haft.

DPA
mad/ukl/DPA/AFP