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Bahnchef Grube Keine Schonzeit für Grün-Rot

Es gibt keine Schonzeit für die neue grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg. Zumindest nicht beim umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21. Die Bahn will es jetzt durchziehen. Und sie droht mit hohen Mehrkosten bei Verzögerungen.

Nach dem Amtsantritt der grün-roten Regierung in Baden-Württemberg will die Deutsche Bahn AG den Bau des umstrittenen Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 vorantreiben. "Die DB will und muss Stuttgart 21 bauen", sagte Bahnchef Rüdiger Grube dem "Focus". Im Fall weiterer Verzögerungen - etwa bis zur geplanten Volksbefragung im Oktober - droht er mit finanziellen Forderungen der Bahn in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages.

Bahn, Bund, Land, Stadt und Region seien als Projektträger dazu vertraglich verpflichtet, denn jeder Projektpartner unterliege einer Projektförderungspflicht, sagte Grube dem Nachrichtenmagazin. "Wir haben keinen Vertrag mit einer Landesregierung geschlossen, sondern wir haben einen Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg."

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast geht davon aus, dass ihre Partei in Baden-Württemberg die Zuständigkeit für das Projekt Stuttgart 21 nicht abgeben wird. "Man wird sich nicht aus der Verantwortung stehlen können, indem man innerhalb des Kabinetts an ein anderes Ressort gibt, das glaube ich nicht", sagte Künast am Samstag dem Sender SWR 2.

Der strikte Stuttgart-21-Gegner und grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann hatte kürzlich erklärt, nicht die Verantwortung für den Bau des umstrittenen Tiefbahnhofs tragen zu wollen. Sollte das Projekt nach dem Stresstest und der geplanten Volksabstimmung doch durchgezogen werden, wolle er die Zuständigkeit an ein SPD-geführtes Ministerium abgeben.

Nach Künasts Ansicht wird der Stresstest nicht ergeben, dass der geplante Tiefbahnhof leistungsfähiger ist als der alte Kopfbahnhof. Das Votum des Volksentscheids zu Stuttgart 21 werde auch für die Grünen gelten. "Ein Volksentscheid heißt, dass der Souverän gesprochen hat, und der hat das letzte Wort."

Die grün-rote-Koalition im Südwesten hatte sich nach langem Ringen auf eine gemeinsame Position zum Hauptstreitpunkt Stuttgart 21 geeinigt. Der Kompromiss sieht vor, dass das Land Kosten über 4,5 Milliarden Euro nicht mittragen wird. Zudem wird bis zum Oktober ein landesweiter Volksentscheid über das Projekt angestrebt.

Stuttgart 21 sieht den Umbau des Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangstation und den Anschluss an die Schnellbahntrasse nach Ulm vor. Die Kosten dafür werden von der Bahn bisher auf 4,1 Milliarden Euro beziffert.

Grube stellte klar, dass die neue Regierung die Kosten für einen Baustopp bis zur Volksbefragung oder gar einen Abbruch des Bahnhofprojekts tragen müsse: "Derjenige, der dieses Projekt zu Fall bringen würde, muss wissen, dass er bis zu 1,5 Milliarden Euro an Kosten übernehmen muss. Und derjenige, der dieses Projekt bis zu einer Volksbefragung im Oktober aufhält, muss mit Forderungen der DB von über hundert Millionen Euro rechnen, die nicht aus dem Risikotopf zu finanzieren sind."

Jeder Monat Bauverzögerung koste die Bahn schon jetzt mindestens 10 bis 15 Millionen Euro, sagte Grube. Mit jedem neuen Monat stiegen diese Kosten sprunghaft an. "Ein halbes Jahr Verschiebung verursacht daher zusätzliche Kosten von 150 bis 200 Millionen Euro und ein Jahr kostet sogar 300 bis 400 Millionen Euro."

Die Bahn hatte bis zur Bildung der neuen Landesregierung einen Bau- und Vergabestopp verhängt und für danach zügig Gespräche mit der neuen Regierung angekündigt. Erwartet wird, dass der Lenkungskreis bald zusammenkommen wird. Ihm gehören das Land, Stadt und Region Stuttgart sowie die Bahn an.

hw/DPA DPA

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