Annalena Baerbock hat sich schnell festgelegt: "Boris Palmer hat unsere politische Unterstützung verloren", twitterte die Kanzlerkandidatin der Grünen. "Nach dem erneuten Vorfall beraten unsere Landes- und Bundesgremien über die entsprechenden Konsequenzen, inklusive Ausschlussverfahren."
Und auch der Landesparteitag der Ökopartei votierte klar: Mit Dreiviertelmehrheit stimmten die Südwest-Grünen dafür, ein Parteiordungsverfahren, wie es offiziell heißt, gegen den Tübinger Oberbürgermeister einzuleiten.
Wie geht es mit Boris Palmer weiter?
Anlass ist ein Facebook-Kommentar Palmers, in dem er am Freitagabend den Ex-Fußballprofi Dennis Aogo als "schlimmen Rassisten" bezeichnete und diesem auf Grundlage eines Facebook-Eintrags einer nicht verifizierten Nutzerin die Verwendung des N-Wortes in einem sexualisierten Kontext zuschrieb. "Satire", versuchte sich Palmer anschließend zu rechtfertigen (lesen Sie hier die Details zu dem Eklat).
Es war nicht das erste Mal, dass Boris Palmer in seiner Partei aneckte. In der Vergangenheit wurde ihm immer wieder die Bedienung rassistischer oder fremdenfeindlicher Klischees vorgeworfen – nun reicht es den Grünen offenbar. Sie wollen erreichen, dass der 48-Jährige aus der Partei fliegt.
Doch wie geht es in der Causa Palmer weiter? Wie läuft ein Parteiausschlussverfahren? Wie lange dauert es?
Klar ist: Nebenbei lässt sich das Ganze nicht erledigen. Ein Ausschluss ist die schärfste Sanktion, die eine Partei gegen Mitgliederinnen oder Mitglieder durchführen kann, entsprechend hoch sind die Hürden.
Zuständig für einen Parteiausschluss ist gemäß der Satzung der Grünen das Tübinger Kreisschiedsgericht der Partei. Voraussetzung ist, dass es feststellt, dass das Mitglied "vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung von Bündnis 90 / Die Grünen verstößt und der Partei damit schweren Schaden zufügt". Tätig wird das Schiedsgericht auf "Antrag des Vorstandes oder des höchsten Organs einer Gliederung, der das Mitglied angehört". Im Falle Palmers sah der Landesparteitag in Baden-Württemberg die Voraussetzung als erfüllt an. Nun soll der Landesvorstand ein Parteiordnungsverfahren vorbereiten und beim Schiedsgericht einreichen.

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Dort bekommt auch Boris Palmer die Möglichkeit, sich zu verteidigen. Ein Grund, warum der Tübinger Oberbürgermeister auf dem Parteitag selbst für ein Parteiordnungsverfahren warb. Dann könne er sich gegen "haltlose und absurde Vorwürfe" zur Wehr setzen, sagte er.
Sobald das Kreisschiedsgericht entschieden hat, kann binnen 30 Tagen zunächst das Landesschiedsgericht und anschließend das Bundesschiedsgericht für eine Berufung angerufen werden. Der Grünen-Landesverband in Baden-Württemberg rechnet nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA damit, dass Ausschlussverfahren gegen Boris Palmer bis zu sechs Monate dauern kann. Das Amt des Oberbürgermeisters in Tübingen bleibt vom Ausgang des Verfahrens unberührt.
Quellen: Annalena Baerbock bei Twitter, Satzung Grünen-Bundesverband, Satzung Grünen-Landesverband Baden-Württemberg, Nachrichtenagenturen DPA und AFP