Bräunlich und Nitzschke frei "Wir sind froh, am Leben zu sein"

Erschöpft traten die beiden Techniker René Bräunlich und Thomas Nitzschke in Berlin vor die Mikrofone - und dankten allen, die für ihre Freilassung gekämpft hatten. Hinter ihnen liegen 99 Tage in der Hand irakischer Geiselnehmer.

Genau 100 Tage nach ihrer Entführung sind die freigelassenen deutschen Irak-Geiseln René Bräunlich und Thomas Nitzschke in Berlin gelandet. Die beiden Leipziger Techniker wurden am Dienstag im Irak freigelassen, nachdem sie dort am 24. Januar nördlich von Bagdad mit Waffengewalt entführt wurden. Sie sollten im Auftrag des Anlagenbauers Cryotec aus Bennewitz bei Wurzen eine technische Anlage in einer Raffinerie errichten und an die Iraker übergeben. Den Freigelassenen gehe es den Umständen entsprechend gut, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Über die Ankunft der Geiseln

berichtet stern TV heute Abend um 22.15 Uhr auf RTL

Geiseln bedanken sich für die große Hilfe

Die beiden im Irak freigekommenen entführten deutschen Techniker haben sich nach ihrer Rückkehr für die Unterstützung bei ihrer Befreiung bedankt. "Ich bin froh, wieder daheim zu sein", sagte Rene Bräunlich nach der Landung. "Mir fehlen einfach die Worte, wir hatten eine schwere Zeit." Nach Bräunlich bedankte sich auch Thomas Nitzschke beim Auswärtigen Amt und dem Krisenstab für die Bemühungen um ihre Freilassung. "Wir danken allen, die an unserer Freilassung beteiligt waren." Die beiden aus Leipzig stammenden Männer wirkten bei ihren kurzen Stellungnahmen erschöpft.

Nitzschke deutete an, die beiden hätten während ihrer über dreimonatigen Geiselhaft um ihr Leben gefürchtet. "Wir sind sehr froh, noch am Leben zu sein, was für uns nicht selbstverständlich ist." Bräunlich sagte, sie wollten nun vor allem ihre Familien wieder sehen. Dazu sollen die beiden nach Angaben des Auswärtigen Amtes zunächst an einen geheim gehaltenen Ort gebracht werden.

Schweigen über mögliche Lösegeldzahlung

Mit großer Freude und Erleichterung reagierten Bundespräsident Horst Köhler, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie Vertreter aller Parteien auf die Freilassung. Köhler erklärte: "Unsere Gedanken sind bei Thomas Nitschke und René Bräunlich. Ich wünsche ihnen von Herzen, dass sie das Leid, das sie erfahren haben, rasch überwinden." Der Bundespräsident erinnerte an die Belastungen der Angehörigen. "Ihre Erleichterung muss unermesslich sein." Merkel dankte dem Krisenstab des Auswärtigen Amts. "Und ich möchte den Familien und den vielen Menschen in Deutschland und ganz besonders auch den Menschen in Leipzig dafür danken, dass sie nie die Geiseln vergessen haben."

Laut Steinmeier sind beide Männer unversehrt und befinden sich in einem den Umständen entsprechend stabilen Zustand. Sie wurden zunächst vor Ort im Irak betreut. Steinmeier berichtete, er habe mit beiden telefoniert "und ihnen gesagt, wie glücklich wir sind, sie wieder in Freiheit zu wissen". Auch die Angehörigen seien informiert worden. Der Außenminister warnte am Mittwochabend in den ARD-Tagesthemen noch einmal eindringlich vor Reisen in den Irak.

Entführung hatte wohl kriminellen Hintergrund

Hintergründe über die Umstände wurden zunächst nicht bekannt. Auch Fragen nach Lösegeldzahlungen und der Identität der Entführer blieben unbeantwortet. Man müsse verstehen, dass er "über konkrete Details naturgemäß nichts sagen" werde, erklärte Außenminister Steinmeier am Dienstagabend in den ARD- "Tagesthemen". Er wisse seit 13.00 Uhr deutscher Zeit von der Freilassung, sagte der SPD-Politiker, der auf seiner Südamerika-Reise Station in Chile macht. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, bestätigte aber in der ARD, dass die Entführung eher kriminell als politisch motiviert gewesen sei.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Nach mehr als drei Monaten unter menschenunwürdigen Bedingungen befänden sich die beiden Männer "jetzt in sicherer deutscher Obhut im Irak", sagte Steinmeier. Der 32-jährige Nitzschke und sein 28 Jahre alter Kollege Bräunlich werden am Mittwoch mit einer Sondermaschine von Bagdad nach Berlin gebracht. Dort wollen bei der für 14:30 geplanten Ankunft Angehörige und Freunde auf sie warten.

Freude in Leipzig

Vor der Leipziger Nikolaikirche feierten am Dienstagabend zahlreiche Menschen erstmals wieder ausgelassen. Dort, wo in den vergangenen Monaten mit insgesamt 27 Mahnwachen den Entführten gedacht worden war, knallten Sektkorken, wurden Feuerwerkskörper gezündet und Blumen niedergelegt. Der Pfarrer der Nikolaikirche, Christian Führer, sprach von einem "ungeheuren Gefühl der Erleichterung und Dankbarkeit". Als Zeichen der Freude ließ er die Glocken der Kirche in der Leipziger Innenstadt läuten.

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