BRANDENBURG Ministerpräsident Stolpe tritt zurück

Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe ist von seinem Amt zurückgetreten. Als Nachfolger hat er Potsdams Oberbürgermeister Platzeck vorgeschlagen.

Nach fast zwölfjähriger Amtszeit hat Brandenburgs Regierungschef Manfred Stolpe (SPD) überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Sein Nachfolger soll schon in der kommenden Woche der 48-jährige SPD-Landesvorsitzende Matthias Platzeck werden. »An der Spitze der Regierung sollten wir einen Generationswechsel vollziehen«, sagte Stolpe bei einem Landesparteitag der SPD in Wittenberge. Dafür sei die Mitte der Legislaturperiode der geeignete Zeitpunkt. Zugleich stehe mit Platzeck ein hervorragender Kandidat bereit.

»Es ist kein Druck ausgeübt worden«

Das Amt des SPD-Landesvorsitzenden und des Ministerpräsidenten in eine Hand zu legen, sei sinnvoll, sagte Stolpe. Auf ihn sei von keiner Seite Druck ausgeübt worden. Er wies in diesem Zusammenhang die Darstellung zurück, dass die kürzlich ausgesprochene Rüge von Bundespräsident Johannes Rau der Anlass für seinen Schritt war.

Rau hatte Stolpe und dessen Stellvertreter Jörg Schönbohm (CDU) wegen ihres Verhaltens der großen Koalition bei der Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz im Bundesrat öffentlich kritisiert.

Entscheidung länger vorbereitet

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte, Stolpe habe über seine Absichten bereits am Freitag vor einer Woche mit ihm gesprochen. Die Entscheidung sei länger vorbereitet gewesen. Der Kanzler sagte am Rande des EU-Gipfels in Sevilla weiter, Stolpe habe ihn zusammen mit Platzeck am Freitag vor einer Woche um ein Gespräch gebeten. Der Koalitionspartner CDU sei dann im Laufe der Woche über die Pläne informiert worden. »Das war eine außergewöhnlich gut vorbereitete Entscheidung«, sagte Schröder. Diese fiel Platzeck zufolge bereits am 2. Dezember 2001.

Stolpe soll in den Bundestagswahlkampf einsteigen

Nach den Worten von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sollen Stolpe und Platzeck in Zukunft eine eher noch wichtigere Rolle in der Bundespartei spielen. So soll Stolpe schon in der übernächsten Woche ein Büro in der Berliner Wahlkampfzentrale (»Kampa«) beziehen und vor der Bundestagswahl an der Seite von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) speziell im Osten um Stimmen werben. Politiker unterschiedlicher Parteien würdigten Stolpe nach der Rücktritts- Ankündigung für seine Verdienste.

Platzeck kündigte an, als neuer Ministerpräsident das bestehende SPD/CDU-Kabinett unverändert lassen zu wollen. Innenminister und CDU- Landeschef Schönbohm bedauerte Stolpes Rücktrittsankündigung. »Wir haben im Vorfeld des Parteitages darüber gesprochen. Ich akzeptiere seine Entscheidung mit hohem Respekt. Die gemeinsame Arbeit war immer von gegenseitigem Vertrauen geprägt.«

»Gründervater der Neuzeit«

Platzeck, der auch Potsdamer Oberbürgermeister ist, könnte schon am Mittwoch vom Landtag zum Regierungschef gewählt werden. Er bezeichnete Stolpe, der seit der Wende alle Landesregierungen führte und auch Vorsitzender des SPD-Forums Ost ist, als »Gründervater der Neuzeit in Brandenburg«.

»Große Schuhe für den Nachfolger«

»Stolpe hat große und viele Verdienste um das Land«, sagte auch CDU-Landeschef Schönbohm. »Er hinterlässt für seinen Nachfolger große Schuhe.« Nach der Vereidigung des neuen Ministerpräsidenten müsse die Landesregierung die begonnenen Reformvorhaben konsequent fortführen und die noch anstehenden Veränderungen entschlossen angehen. »Bei einer Neubildung der Regierung stehen die jetzigen CDU- Minister nicht zur Disposition. Sie haben gute Arbeit geleistet und werden das weiterhin tun«, meinte Schönbohm.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

»Zeichen des Aufbruchs, nicht der Unsicherheit«

Stolpe rief die SPD in Brandenburg nach seiner Ankündigung dazu auf, eine konservative Wende im Herbst zu verhindern und zu kämpfen. »Die Stimmung im Land ist nicht gut.« Der Wind blase den Sozialdemokraten ins Gesicht. Der Wechsel im Ministerpräsidentenamt solle als Botschaft des Aufbruchs verstanden werden, nicht als Zeichen der Unsicherheit in der Parteispitze. Auf dem Landesparteitag in Wittenberge bestätigten Platzeck 132 von 134 Delegierten für zwei weitere Jahre im Amt. Stolpe wurde per Akklamation zum ersten Ehrenvorsitzenden der Landespartei gewählt. Er werde die neue Aufgabe gern wahrnehmen, sagte er: »Das ist mir lieber als ein Orden.«