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Bundespräsidentenwahl Merkel taumelt in die dritte Runde

Hiebe rechts, Hiebe links. "Mutti" Merkel hat bei der Präsidentenwahl zwei Veilchen verpasst bekommen. Im dritten Wahlgang müssen zwei Bedingungen erfüllt werden, dann gerät sie ins Stolpern.
Von Florian Güßgen

Ein blaues Auge für die Kanzlerin hat einigen der Abweichler aus dem Unionslager wohl nicht gereicht: Sie haben auch in der zweiten Runde der Bundespräsidentenwahl gegen den schwarz-gelben Kandidaten Christian Wulff gestimmt oder sich enthalten. Deshalb fiel Wulff durch, kam nur auf 615 Stimmen. Das waren 15 Stimmen mehr als im ersten Wahlgang, aber immer noch zu wenig, um die nötige absolute Mehrheit zu erreichen. Joachim Gauck, der Kandidat von SPD und Grünen, erhielt 490 Stimmen, Luc Jochimsen von der Linkspartei 123, Frank Rennicke, der Kandidat der rechtsextremen NPD, drei Stimmen.

Für Merkel ist das Ergebnis mehr als ein Denkzettel. Es ist eine schwere Schlappe, die Quittung für das lausige Auftreten der schwarz-gelben Koalition in den vergangenen Monaten. Aber der Alptraum ist noch nicht zu Ende - im Gegenteil, er könnte Wirklichkeit werden. Kann nämlich Joachim Gauck im dritten Wahlgang triumphieren, wäre der Fortbestand der schwarz-gelben Regierung ungewiss. Im Vergleich zu dem Sturm, der dann in Berlin losbräche, wäre die Unruhe der vergangenen Wochen Entspannung pur gewesen. "Mutti" Angela Merkel hätte dann nicht nur zwei Veilchen verpasst bekommen, sondern würde auch mächtig ins Stolpern geraten.

Eine einmalige Chance

Für einen Erfolg Gaucks müssen zwei Bedingungen erfüllt werden. Erstens, die Linkspartei müsste über ihren eigenen Schatten springen und weitgehend geschlossen zu Gunsten von Gauck votieren. Das alleine erscheint schon schwierig bis unmöglich, denn Gauck ist bei vielen der Linken eine Persona non grata, einer, mit dem man eigentlich nichts zu tun haben will. Sie lehnen den ehemaligen Chef der Stasi-Unterlagenbehörde ab. Andererseits bietet der dritte Wahlgang der Linkspartei auch eine einmalige Chance zu demonstrieren, dass sie in der Bundesrepublik angekommen ist: Nämlich indem sie über ihren Schatten springt und mit SPD und Grünen für Gauck stimmt. Dass das geschlossen passiert, ist aber sehr, sehr unwahrscheinlich. Zwar zog die Linken-Kandidatin Jochimsen ihre Kandidatin zurück und Fraktionschef Gregor Gysi sagte, die Abstimmung sei frei gegeben. Aber Gysi machte auch deutlich, dass er davon ausgehe, dass sich die Mehrheit der Delegierten enthalten werde.

Verlierer ist Angela Merkel

Und selbst wenn die Linke eine Kehrtwende macht, gibt es eine zweite Bedingung für den Erfolg Gaucks: Die verbliebenen Abweichler innerhalb des schwarz-gelben Lagers müssten sich weiter so verhalten, wie sie es in den ersten zwei Wahlgängen getan haben. Auch das dürfte eher unwahrscheinlich sein, denn wenn nur ein Rest politischen Selbsterhaltungstriebs bei den Abweichlern vorhanden ist, dann müssen sie zumindest ins Grübeln kommen, ob sie ihrer Parteichefin eine Niederlage bei der Bundespräsidentenwahl zufügen wollen, die die Regierung bedroht.

Wenn Wulff es am Ende doch noch schaffen sollte, wird der Verlauf der Wahl seine Amtstätigkeit wohl kaum nachhaltig beschädigen. Verlierer dieser Wahl ist dann nicht Christian Wulff, sondern vor allem Angela Merkel.

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