In Deutschland werden jährlich mehr als 40 Millionen männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen routinemäßig getötet, weil sie keine Eier legen und nicht so viel Fleisch ansetzen. Teils ist von "Schreddern" die Rede, die Tiere werden meist aber mit Gas getötet. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen zwischen Wirtschaftsbossen und Tierschützern hatte das Bundesverwaltungsgericht schon 2019 entschieden, dass Tierschutzbelange schwerer wiegen als wirtschaftliche Interessen und erklärte die Praxis nur noch für eine Übergangszeit für zulässig.
Nun soll das massenhafte Töten männlicher Küken in der Legehennenzucht ab Anfang 2022 in Deutschland verboten werden. Das sehen Gesetzespläne von Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) vor, die der Bundestag nach jahrelangem Ringen am Donnerstagabend beschließen soll. Stattdessen sollen dann Verfahren auf breiter Front einsetzbar sein, um das Geschlecht im Ei zu erkennen und männliche Küken gar nicht erst schlüpfen zu lassen.
Verschiedene Verfahren bereits möglich
Die Verfahren kommen bereits jetzt mancherorts zum Einsatz, allerdings mit Verfahren zur Früherkennung zwischen dem 9. und dem 14. Tag. Ab dem 7. Tag entwickeln Embryonen ein Schmerzempfinden, sodass Eingriffe ab diesem Tag Anfang 2024 ebenfalls verboten werden sollen. Ist das Geschlecht bestimmt, werden Eier, in denen sich weibliche Küken entwickeln, weiter bebrütet. Das Bebrüten der Bruteier mit männlichen Embryonen wird abgebrochen. Die aussortierten Eier können dann ebenso wie die Küken als Futtermittel genutzt werden. Mit dem Unterschied, dass die Embryonen davon nichts mitbekommen und Schmerzen vermieden werden.
Klöckner sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Verbot sei ein Meilenstein für den Tierschutz. "Damit sind wir weltweit Vorreiter." Um das Kükentöten jetzt rechtssicher verbieten zu können, seien Millionenbeträge in Spitzenforschung investiert worden. Brütereien stünden dadurch nun Alternativen zur Verfügung. "Damit zeigen wir, dass Tierschutz und Wirtschaftlichkeit zusammengeht", betonte die Ministerin. "Wir lagern Tierschutzfragen nicht einfach ins Ausland aus, sondern bieten hier in Deutschland eine Lösung an. Dieses Modell wollen wir zum Exportschlager machen."

Der Tierschutzbund forderte zuletzt, das "lange überfällige Ende" des Kükentötens nicht noch aufzuweichen, sondern endlich festzuschreiben. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag steht ein Aus eigentlich bis bereits 2019. Die Politik scheint hier einen Kompromiss zu finden, doch dem Tierschutzbund geht das nicht weit genug. Ein echtes Mehr an Tierschutz könnten nur die Abkehr von der Hochleistungszucht und die Förderung von sogenannten "Zweinutzungshühnern" bringen, erläuterte der Verband.
EU-weites Verbot notwendig
Dabei sollen weibliche Küken Eier legen, männlichen Küken werden zur Mast aufgezogen. Bei den Zweinutzungsrassen nehmen diese aber im Vergleich zu Hähnen der üblichen Mastlinien wesentlich langsamer an Gewicht zu. Auch die Hühner legen vergleichsweise deutlich weniger Eier. Wirtschaftsvertreter kritisieren daher, dass ausschließlich eine Quersubventionierung im Rahmen spezieller Programme wirtschaftlich umsetzbar sei.
Ein guter Kompromiss scheint nun gefunden, doch der FDP-Agrarpolitiker Gero Hocker warnte vor einem nationalen Alleingang. "Zukünftig werden noch mehr Produkte aus dem Ausland in unseren Regalen landen. Einfluss auf die Produktionsbedingungen wie das Tierwohl verlieren wir dann immer mehr." Nötig sei ein EU-weites Verbot des Kükentötens.