CSU-Parteitag in Nürnberg Gauweiler dreht bei

Die CSU preist sich als Partei Europas - und selbst Megakritiker Gauweiler stellt sich hinter den Leitantrag des Vorstands. Kanzlerin Merkel kann zufrieden sein.

CSU-Parteitag in Nürnberg, Podium der Messehalle A7. Horst Seehofer setzt sein typisches, süffisantes Grinsen auf. "Stichtag 7. Oktober, 18.33 Uhr. Ich stelle fest: CDU und CSU stimmen vollkommen überein." Neben ihm steht Kanzlerin Angela Merkel, die gerade ihre Gastrede gehalten hat, und tuschelt dem CSU-Chef etwas ins Ohr. Und Seehofer sagt: "Sie flüstert mir zu: Mal schauen, wie es morgen Mittag ist." Großes Gelächter unter den rund 1000 Delegierten. Denn genau so ist es oft.

Richtig ist jedoch auch: Der große Crash zwischen CDU und CSU in der Euro-Politik ist ausgeblieben. Der CSU-Vorstand konnte seinen Leitantrag zum Thema durchsetzen. Zwar nicht "einstimmig", wie Joachim Herrmann, Chef des Tagungspräsidiums nach der Abstimmung behauptete. Mindestens eine Gegenstimme und eine Enthaltung der Delegierten übersah Herrmann einfach. Aber was soll's: Die Mehrheit war überwältigend. Und der Antrag lässt der Kanzlerin politisch genügend Luft zum Atmen. Darin festgehalten ist, dass die CSU für den Erhalt des Euro kämpft, die Durchsetzung der Schuldenbremse in allen Euro-Ländern fordert, Eurobonds ablehnt und dass chronische Schuldensünder die Euro-Zone notfalls verlassen müssen. Merkel denkt im Prinzip genau so, wählt ihre Worte nur vorsichtiger.

"Ich finde das Papier gut"

Zur allgemeinen Überraschung stellte sich selbst Peter Gauweiler, der schärfste Euro-Kritiker der CSU, hinter den Leitantrag. In seiner Rede sagte er: "Ich finde das Papier gut." Seine schärfste Forderung war, den Stabilitätspakt wieder einzuhalten und Griechenland Pleite gehen zu lassen - was inzwischen keine Aufreger mehr sind. Gauweiler will am Samstag für den stellvertretenden Parteivorsitz kandidieren, und es schien ihm offenbar ratsam, die Parteiführung nicht direkt im Vorfeld zu quälen. Ob ihm das hilft, ist fraglich. Denn der eine Teil der Delegierten unterstützt ihn gerade deswegen, weil er ein Rebell ist. Der andere Teil hält Gauweilers Kandidatur für eine "Ego-Trip" auf Kosten der Partei, weil er gegen Verkehrsminister Peter Ramsauer antritt. "Ein Dilemma", stöhnt ein CSU-Landtagsabgeordneter beim Rauchen. "Eigentlich brauchen wir beide."

Neben Gauweiler traten in der Debatte um den Leitantrag fast nur eingeschworene Europäer auf - der ehemalige Finanzminister Theo Waigel, der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, die Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, Strauß-Tochter Monika Hohlmeier oder auch Ex-Parteichef Erwin Huber. Horst Seehofer ließ in seiner Rede Sätze fallen, die sich als klare Absage an jeden euroskeptischen Populismus verstehen lassen. "Es gibt keine Veränderung unserer Position", sagte der CSU-Parteichef. "Die CSU ist und bleibt eine Partei Europas". Und dann rechnete er den Delegierten vor, was der Euro allein den Bayern gebracht habe - zum Beispiel einen dramatischen Anstieg der Exporte heimischer Produkte. Allein die Bauern hätten ihre Ausfuhren in den vergangenen zehn Jahren von 3,87 Milliarden auf 5,57 Milliarden Euro steigern können. Hauptabnehmer: die europäischen Nachbarn.

Matter Applaus für Seehofer

So richtig überzeugen konnte Seehofer die Delegierten trotzdem nicht. Der Applaus für seine Rede blieb matt, der Applaus für Merkels Rede ebenfalls. Auf den Fluren erläuterten Delegierte im persönlichen Gespräch, warum das so ist: Sie könnten keine klare Position formulieren, klagen sie, weil sich auch die Wirtschaftsexperten vollkommen uneins seien. Außerdem sei das Thema zu komplex, um es dem Bürger eingängig zu vermitteln - und die Ängste an der Basis, dass einfach nur Geld flöten gehe, seien ohnehin nicht zu bändigen. Kurz: Das Thema Euro ist kein Gewinner-Thema, es sei denn, man missbraucht es.

Merkel kennt dieses Problem, sie hat es selbst, aber wichtig war für sie an diesem Freitag etwas anderes: Dass ihr die CSU keine Knüppel zwischen die Beine wirft. Das hat sie nicht getan. Die Kanzlerin bedankte sich dafür gleich zweimal: am Anfang und am Ende ihrer Rede. Sie wurde mal wieder gerettet - vorerst.