Stoiber: »Ich bin vorgeladen, weil ich Kanzlerkandidat von CDU und CSU bin«
In einer auch vom Wahlkampf geprägten Sitzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses hat Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) die Vorwürfe des Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber über eine illegale CSU-Finanzpraxis strikt zurückgewiesen. Der CSU- Chef, der der letzte Zeuge des Gremiums war, warf in München der rot-grünen Ausschussmehrheit vor, seine Vernehmung aus wahltaktischen Gründen angesetzt zu haben. Sie sei eine »politische Inszenierung«. »Ich bin vorgeladen, weil ich Kanzlerkandidat von CDU und CSU bin«, sagte Stoiber. Mit dieser Taktik würden aber SPD und Grüne ihre Umfragewerte nicht verbessern können.
Stoiber spielte darauf an, dass nach Schreibers Vernehmung in Toronto vor drei Wochen die SPD-Mitglieder die Beweisaufnahme zunächst wie geplant abschließen wollten, ihre Meinung dann aber geändert hatten. Die Unions-Mitglieder im Ausschuss stellten in der Sitzung zunächst keine Frage. »Wir haben keine Lust, uns an dem Wahlkampftheater zu beteiligen«, sagte CDU-Obmann Andreas Schmidt.
Um die Vorwürfe Schreibers zu widerlegen, legte der CSU-Chef ein neues Wirtschaftsprüfer-Gutachten vor. Danach hat es laut Stoiber die »von Schreiber behaupteten Zahlungseingänge bei der CSU nie gegeben.« Er selbst habe auch kein Wissen über die Sachverhalte, die Schreiber geschildert habe. »Ich habe von den behaupteten Vorgängen keine Kenntnis.«
»Ich kann damit nichts anfangen«
Schreiber hatte in Toronto angegeben, dass Stoiber als früherer CSU-Generalsekretär von der Einrichtung eines Fonds in der Schweiz Mitte der 80er Jahre gewusst habe. Aus diesem Fonds sollte Geld an die CSU fließen. Allerdings war die Partei nach Schreibers Aussagen nie direkt über das Konto verfügungsberechtigt.
Bis 1994 hatten sich dort rund 4,24 Millionen kanadische Dollar (heutiger Eurowert: 2,96 Millionen) angesammelt. Außerdem hatte Schreiber erklärt, dass er den Christsozialen im Namen einer nicht benannte Gruppe von ausländischen Geschäftsleuten 1991 und 1992 Spenden mit einem Gesamtwert von rund 2 Millionen Mark (1,02 Millionen Euro) gegeben habe. Zu dieser Zeit war Stoiber Innenminister in Bayern. Schreiber hatte dafür keine Belege vorweisen können.
Der CSU-Chef räumte ein, Schreiber zu kennen. Er habe ihn in seiner Zeit als Generalsekretär »in sehr, sehr seltenen Fällen in Begleitung von Franz Josef Strauß gesehen«. Auf die Frage, ob er etwas zu einer angeblichen Spende Schreibers im Jahr 1980 in Höhe von 100 000 Mark an die CSU wisse, sagte er: »Ich kann damit nichts anfangen.«
Stoiber attackierte Schreiber scharf
Schreiber hatte erklärt, dass er das Geld dem - inzwischen gestorbenen - Anwalt Franz Josef Dannecker gegeben habe, der ein Spendensammler der CSU gewesen sein soll. Stoiber attackierte Schreiber scharf. Für ihn, der eigentlich in Untersuchungshaft sitzen müsste, dürfte es eigentlich nur einen Platz auf der Anklagebank geben. Stattdessen habe der Ausschuss ihm eine Bühne gegeben.
Scharfe Nachfragen bei SPD, Grünen und der PDS löste ein Schreiben Stoibers aus dem Jahr 1980 an die Firma Grundig aus. Darin wird das Unternehmen aufgefordert, die »besprochenen Maßnahmen über Herrn Rechtsanwalt Dr. Franz Dannecker« abzuwickeln. Dieser Brief sei ein Auftrag des Parteivorsitzenden Franz Josef Strauß gewesen, sagte Stoiber zu Erklärung. Als Generalsekretär sei er mit Spenden nicht befasst gewesen. »Das Thema Spenden ist keine Aufgabe des Generalsekretärs.«

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Der Ausschuss reiste nach München, weil er einem Streit mit dem bayerischen Landtagspräsidenten Johann Böhm (CSU) aus dem Weg gehen wollte. Dieser hatte den Standpunkt vertreten, dass er eine Vernehmung Stoibers in Berlin genehmigen müsse. Am Donnerstag will der Ausschuss seinen Abschlussbericht vorlegen.