"Welt"-Umfrage Kommt die Impfpflicht? So ist die Stimmung im Parlament

Das Parlament muss über die Impfpflicht entscheiden
Die Bundesregierung will die Impfpflicht – darüber entscheiden soll aber das Parlament.
© Kay Nietfeld / DPA
Geht der Plan des Bundeskanzlers auf, könnte bereits Anfang April eine Impfpflicht in Deutschland gelten. Die Entscheidung liegt beim Parlament. Eine Umfrage zeigt nun: So richtig unterstützt wird das Vorhaben nicht.

Österreich führt sie zum vierten Februar ein, nun will auch Deutschland nachziehen. Seit Monaten wird hierzulande über eine Impfpflicht debattiert. Dabei war das Thema unter der Großen Koalition noch ein Tabu. Die neue Regierung weiß sich aber nicht mehr anders zu helfen. Die Pflicht soll die Impfquote noch einmal steigern und das Gesundheitssystem vor der Überlastung schützen. Politiker sämtlicher Parteien sprachen sich zuletzt immer wieder für eine Impfpflicht aus – und rückten so von früheren Versprechen ab, diese Maßnahme nicht durchzusetzen. Einzige Ausnahme: die AfD.

Konkrete Entwürfe, wie die Impfpflicht aussehen könnte, liegen bereits auf dem Tisch. Den ersten Schritt bei der Umsetzung wagt bisher aber keiner. Ein Grund dürfte der nachlassende Impfschutz sein. Auch Omikron hat die Situation verändert. Studien belegen, dass die Wirksamkeit gegen die neue Virusvariante eingeschränkt ist. Selbst Experten äußern sich inzwischen zurückhaltend und die Bundesregierung, die das Thema überhaupt erst angestoßen hat, überlässt die Entscheidung nun dem Parlament.

Wie wahrscheinlich ist es, dass die Impfpflicht wirklich kommt? Ein erstes Stimmungsbild gibt es bereits – und das fällt zurückhaltend aus.

Ein Viertel für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren

Die "Welt" hat alle 736 Parlamentarier nach der Orientierungsdebatte in der vergangenen Woche nach ihren Positionen gefragt. 80 Prozent der Befragten antworteten auf die Umfrage. Sie konnten aus vier Antwortmöglichkeiten wählen:

  • allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren
  • altersbezogene Impfpflicht, beispielsweise ab 50 Jahren
  • gegen die Impfpflicht
  • noch nicht entschieden

Das Ergebnis: Bisher wird keiner der vorgelegten Vorschläge zur Umsetzung der Impfpflicht mehrheitlich befürwortet. Knapp 25 Prozent aller Abgeordneten im Bundestag sprechen sich für eine Impfpflicht ab 18 Jahren aus. 21 Prozent sind für eine altersbezogene Impfpflicht. Genau so groß ist der Anteil derjenigen, die laut der Umfrage noch unentschieden sind. Die Minderheit (18 Prozent) ist gänzlich gegen eine Impfpflicht. Uneinigkeit herrscht insbesondere innerhalb der Ampel-Fraktionen. Während sich Grüne und SPD mehrheitlich für die Impfpflicht aussprechen, sind die Liberalen eher dagegen. Ob die Impfpflicht durchgesetzt wird, hängt laut dem Bericht der "Welt" allerdings entscheidend von der Union ab.

Wie die "Welt" weiterhin berichtet, gebe es drei Lager unter den Befragten: Ein Teil der Abgeordneten wartet demnach noch auf konkrete Anträge. In der zweiten Gruppe befinden sich Abgeordnete, die sich zwar für eine Impfpflicht aussprechen, sich jedoch noch nicht entschieden haben, ob sie ab 18 Jahren gelten oder altersspezifisch sein soll. Die letzte Gruppe umfasst alle Abgeordneten, die sich noch nicht dazu entschieden haben, ob sie sich eine Impfpflicht überhaupt vorstellen können.

Stimmungsbild in den Fraktionen

Die meisten Gegner der Impfpflicht stammen aus der AfD. Dort sprachen sich 85 Prozent der Fraktion dagegen aus, der Rest wollte sich laut "Welt" entweder nicht äußern oder meldete sich nicht zurück. Ähnlich kritisch, wenn aber auch mit geringerer Ablehnung, wird die Impfpflicht in der FDP gesehen. Dort sprachen sich knapp 45 Prozent dagegen aus. Platz Drei unter den Impfpflicht-Gegnern belegt die Linke. Dort sprachen sich elf Prozent gegen die Maßnahme aus.

In der SPD wird die Maßnahme mehrheitlich unterstützt, wobei eine Impfpflicht ab 18 eindeutig befürwortet wird. Dafür sprachen sich laut der Umfrage 55 Prozent der Fraktionsmitglieder aus. Gegen eine Impfpflicht votierte keiner. Ähnlich ist es bei den Grünen: Hier stimmten knapp 42 Prozent für eine Impfpflicht ab 18, es gab eine einzige Gegenstimme. In der FDP wird mehrheitlich eine altersbezogene Impfpflicht befürwortet – allerdings unterstützen nur knapp zehn Prozent diesen Vorschlag.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Dass die Gesamtlage aktuell noch nicht eindeutig einzuschätzen ist, liegt wohl in erster LInie an der Union. Sie bildet nach der SPD die zweitgrößte Fraktion. Allerdings hat sich laut der Befragung ein Viertel der Fraktionsmitglieder noch nicht entschieden, während sich das andere Viertel nicht äußerte. Fünf Prozent sprachen sich immerhin für eine Impfpflicht ab 18 aus. Die geringe Rücklaufquote ist dem Bericht zufolge auf den Findungsprozess innerhalb der Fraktion zurückzuführen. Laut Informationen der "Welt" wollte die Union zum Zeitpunkt der Anfrage einen eigenen Entwurf vorlegen. Angedacht sei eine Impfpflicht, die nur in bestimmten Fällen greift, etwa, wenn eine besonders gefährliche Virusvariante auftritt, und eine gestaffelte Altersgrenze vorsieht.