"Gemeinsam müssen wir einen Pfad finden, der wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und soziale Gerechtigkeit miteinander neu in Einklang bringt", sagte der Kanzler auf dem zentralen Festakt zur Einheit am Freitag in Magdeburg, zu dem rund 1400 Gäste geladen waren. Deutschland trage als stärkste Wirtschaftsmacht in der EU eine Verantwortung für Wachstum und Fortschritt in Europa. Es müsse daher seine wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Potenziale entfalten. "Das macht ... die internationale, die europäische Dimension der Diskussion um unsere Reform-Agenda 2010 aus." Schröder kämpft derzeit mit Widerstand aus der eigenen Partei, der sich gegen seine geplanten Arbeits- und Sozialreformen richtet. Am 17. Oktober stehen die Vorhaben im Bundestag zur Abstimmung.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) hob die schwierige Arbeitsmarktsituation im Osten hervor. Er betonte zugleich die hohe Reformbereitschaft in den neuen Ländern. Der als Festredner geladene ungarische Literaturnobelpreisträger Imre Kertesz kritisierte, Westeuropa habe im Streit mit den USA über den Irak-Krieg vergessen, wer seine Verbündeten seien. Er mahnte zudem, die EU-Beitrittsländer dürften mit der Diskussion um ein Kerneuropa nicht an den Rand gedrängt werden.
"Wir dürfen nicht nachlassen"
Schröder hob hervor, in 13 Jahren deutscher Einheit hätten die Deutschen in Ost und West viel miteinander erreicht. Trotz der Aufbauleistung sei die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland aber nach wie vor bedrückend hoch. "Wir dürfen in unseren Anstrengungen bei der Vollendung der Einheit (...) sicher nicht nachlassen", betonte er. "Auch wenn vieles geschafft ist, wir machen uns keine Illusionen, dass noch ein langer und gelegentlich auch beschwerlicher Weg vor uns liegt."
Böhmer sagte, die Wirtschaftsleistung in den neuen Ländern stagniere seit 1997 bei 60 Prozent des westdeutschen Niveaus. Die Arbeitslosenquote sei im Osten fast doppelt so hoch wie in Westdeutschland. Die Rahmenbedingungen für Wirtschaftswachstum müssten verbessert werden.
Mehr Selbstbewußtsien
CDU-Chefin Angela Merkel forderte die Menschen in den ostdeutschen Ländern am Rande der Feier auf, sich kreativ in die gegenwärtige Reformdebatte einzubringen: "Das ist eine Frage des Selbstbewusstseins, und das muss weiter wachsen in den neuen Bundesländern."
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte im Deutschlandradio, es werde noch Generationen dauern, bis sich die Lebensverhältnisse in Ost und West angeglichen hätten. "Vielleicht waren die ersten 13 Jahre das Besteigen großer Berge, und jetzt haben wir eine lange, aber nicht mehr so steile Wegstrecke vor uns."
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) erklärte, die neuen Länder brauchten heute wieder die Aufbruchstimmung der Wendezeit. Der Osten dürfe seine wenigen Standortvorteile wie die 38-Stunden-Woche in der Metall-Branche nicht aus der Hand geben.