Überraschungssieger Das sind die Hochburgen der Linken

Die Spitzenkandidaten der Linken, Heidi Reichinnek und Jan van Aken, jubeln bei der Wahlparty der Partei im Glashaus in Berlin
Linke Freude: Die Spitzenkandidaten Heidi Reichinnek und Jan van Aken jubeln bei der Wahlparty der Partei im Glashaus in Berlin
© Carsten Koall / DPA
Die Linke gehört zu den glasklaren Gewinnern der Bundestagswahl. Vor allem in Städten legte die Partei, an deren Fortbestehen sich noch bis vor Kurzem zweifeln ließ, massiv zu.

Als die ersten Prognosen eintrudelten, fielen sich die Genossinnen und Genossen in die Arme, sie konnten es kaum fassen. Die beiden Spitzenkandidaten Heidi Reichinnek und Jan van Aken schlagen die zittrigen Hände vor den Mund, später fließen Tränen. Denn eine Lehre von Sonntagabend lautet: Was Rechts kann, kann auch Links. Zumindest ansatzweise. 

Zu den größten Überraschungssiegern dieser Wahl gehört sie definitiv, die Linke. Dass die noch vor wenigen Monaten tot geglaubte Ex-Heimat von Sahra Wagenknecht ein derartiges Comeback feiern würde, damit hatten die wenigsten gerechnet – auch nicht die Partei selbst. Vor allem in Städten machte die Linke teils massiv Boden gut, überschritt vielerorts die Marke von zehn Prozent. 

Aber wo genau hat die Linke besonders gepunktet? Ein Überblick.

Linke schneidet stark bei jüngeren Wählern ab

Keine Partei fand unter jungen Menschen derartig viel Zustimmung. Ganze 27 Prozent der Erstwähler stimmten für die Linke. Erfolgsrezept war hier vermutlich weniger der intensive Haustürwahlkampf. Wie auch die AfD hatte die Linke vor allem auf die sozialen Medien die Werbetrommel gerührt. 

Die 36-jährige Reichinnek avancierte zum Tiktok-Star. Ginge es nach den 18- bis 24-Jährigen, säße sie bald im Kanzleramt, nicht der aus Sicht der nachrückenden Generation biedere Friedrich Merz.

Berlin, die linke Hochburg

Das beste Ergebnis fuhr die Linke mit Abstand in Berlin ein. In den Wahlkreisen Treptow-Köpenick (41,8), Lichtenberg (34) und Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg–Prenzlauer Berg Ost (34,7) gelangen der Partei Erdrutschsiege, mit 30 Prozent im Kreis Neukölln sicherte sich die Linke sogar erstmals einen ehemals westdeutschen Wahlkreis. In Pankow (22,9) und Mitte (24) belegte sie immerhin den zweiten Platz. 

Linken-Legende Gregor Gysi durfte sich besonders freuen. Nicht nur, dass das Urgestein wie erwartet sein Direktmandat verteidigen konnte. Mit fast 42 Prozent der Erststimmen stellte er einen neuen persönlichen Rekord auf.

Doch nicht nur in der Hauptstadt, auch in vielen westdeutschen Städten wie Frankfurt und Köln hat die Linke enorme Zugewinne erzielt. In Olaf Scholz’ Heimat Hamburg bekam die Linke rund fünf Prozent mehr Erst- und fast acht Prozent mehr Zweitstimmen als beim letzten Mal. Im Wahlkreis Hamburg-Mitte reicht es für den dritten Platz.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Bodo Ramelow siegt in Thüringen, Leipzig wird Linken-Hochburg

Eine weitere linke Hochburg hat sich im thüringischen Weimar etabliert. Hier sicherte sich der ehemalige Ministerpräsident Bodo Ramelow nicht nur locker sein Direktmandat. Mit 22,1 Prozent fuhr die Linke hier auch bei den Zweitstimmen eines ihrer bundesweit besten Ergebnisse ein. Allgemein macht die Linke in Thüringen eine ordentliche Figur – wenn auch bei Weitem nicht so sehr wie die AfD.

Weitere linke Hochburgen im Osten sind Leipzig und Rostock. In beiden Wahlkreisen der sächsischen Metropole belegt die Partei den ersten und zweiten Platz, in der Ostsee-Großstadt Rostock reichen die mehr als 17 Prozent ebenfalls für die Silbermedaille.

Genugtuung im Saarland

Eine besondere Genugtuung dürfte den Genossen die Wahlschlappe ihres ehemaligen Aushängeschilds Sahra Wagenknecht sein. Nicht nur, dass das BSW bundesweit an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, sogar im Saarland, wo Wagenknecht und ihr Ehemann Oskar Lafontaine leben, schmierte das Bündnis ab – während die Linke satte Ergebnisse erzielte. In Saarbrücken kam die Partei auf über elf Prozent. 

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Auch wenn das Saarland definitiv keine Linken-Hochburg ist, konnte sich Parteichef van Aken eine Spitze nicht verkneifen: "Ich glaube ja, das wird ein Phänomen wie die Piratenpartei. Die werden wir in zwei, drei Jahren gar nicht mehr erinnern", sagte er im ARD-"Morgenmagazin".

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