Wenige Monate vor der Bundestagswahl als Trend zu gelten, dürfte das ausgegebene Ziel aller Parteien sein. Die CDU, oder besser gesagt ihr Bundesvorsitzender und Kanzlerkandidat Armin Laschet, kann dieses Etikett nun für sich beanspruchen – nur ist es in diesem Fall von unliebsamer Strahlkraft: "#LaschetLasset" lautet der Hashtag, der am Montag tausendfach geteilt wurde und zu den Trends auf Twitter avancierte. Laschet soll es lassen, fordern seine Kritiker. Gemeint sein dürfte die Sache mit dem Kanzleramt. Denn in ihren Augen unterlässt der CDU-Chef etwas Entscheidendes: eine klare Distanzierung.
Denn wieder einmal sorgt Hans-Georg Maaßen, der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, für Unruhe. Maaßen, der für die CDU in den Bundestag einziehen will, hatte am Wochenende wiederholt Kritik an der politischen Ausgewogenheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geübt – und unter anderem gefordert, die "Biografie von einigen Redakteuren mal auf den Prüfstand" zu stellen. Die Aussagen wurden scharf kritisiert, auch von Christdemokraten und nicht zuletzt vom politischen Gegner. Nur Laschet ließ die Äußerungen zur Gesinnung von Journalisten zunächst unkommentiert.
Zumindest intern grenzte sich der CDU-Chef nun von dem Ex-Verfassungsschutzchef ab, wenngleich er ihn nicht beim Namen genannt haben soll. Die Aussagen seien für die CDU "nicht hilfreich", soll Laschet in der Sitzung des Parteivorstands am Montag gesagt haben. "Solche Debatten schaden uns", wurde Laschet von der Deutschen Presse-Agentur und dem "Spiegel" weiter zitiert.
Eine öffentliche Distanzierung folgte von Generalsekretär Paul Ziemiak. "Die Pressefreiheit, übrigens auch die Freiheit des Rundfunks, hat Verfassungsrang. Das ist für uns eindeutig", so Ziemiak nach den Beratungen des Bundesvorstandes. Das sei die "eindeutige Meinung ohne Ausnahme der Führungsgremien der CDU" – also Laschet eingeschlossen. Ein Parteiausschlussverfahren, wie es auch von CDU-Politikern ins Spiel gebracht wurde, sei aber kein Thema gewesen. "Herr Maaßen ist ja gestern zurückgerudert von seinen Äußerungen und hat sich auch noch mal zu diesem Verfassungsrang der unabhängigen Presse, der Pressefreiheit bekannt. Das ist auch wichtig und notwendig."

"Darf nicht schweigend darüber hinweggehen"
Für Laschet kommen die Äußerungen Maaßens denkbar unpassend. Die Union konnte zuletzt ihren Umfrage-Vorsprung zu den Grünen ausbauen, nun könnte der frühere Verfassungsschutzchef zur Belastung vor der Bundestagswahl werden. Laschet hatte womöglich darauf gehofft, die Causa Maaßen ignorieren zu können, um sie nicht zusätzlich aufzubauschen. Dass er letztlich doch Stellung zu den Äußerungen bezogen hat, zumindest in der Parteiführung, könnte dem wachsenden Druck aus den eigenen Reihen geschuldet gewesen sein.
"Eigentlich ist jedes Wort für ihn eins zu viel, aber man darf auch nicht schweigend darüber hinweggehen", kommentierte etwa Tilman Kuban die Aussagen, Vorsitzender der Jungen Union. Niedersachsens CDU-Landeschef Bernd Althusmann legte Maaßen einen Parteiaustritt nahe. Für den Vorsitzenden des CDU-Landesverbands Hamburg, Christoph Ploß, seien die Äußerungen inakzeptabel. Der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz sprach sich dafür aus, Maaßen aus der Partei auszuschließen.

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Auch die scharfe Kritik vonseiten der SPD, Grünen und Linke könnte Laschet in Zugzwang versetzt haben. "Ein weiterer demokratiefeindlicher Ausfall von CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen, ein weiteres Mal schweigt CDU-Chef Armin Laschet", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dem "Tagesspiegel". Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner kritisierte, es zeige sich einmal mehr, dass Laschet "keinen Kompass für den Umgang mit Maaßen" habe. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, erklärte: "Mit einem sprachlosen Kanzlerkandidaten Laschet scheinen die reaktionären Kräfte in der CDU nicht mehr zu bremsen zu sein."
Der stern hatte am Montagmorgen um eine Stellungnahme Laschets zu den Äußerungen von Maaßen gebeten. In ihrer Antwort zu der Anfrage verwies die Pressestelle der CDU am Montagnachmittag auf einen Text der Deutschen Presse-Agentur (DPA). Die Überschrift, die die DPA für ihre Meldung gewählt hat: "Laschet in Wahlkampf-Zwickmühle – Maaßen-Vorlagen für Grüne und SPD".