"Da müssen wir uns tief in die Augen gucken: Wollen wir das bezahlen oder wollen wir das eine oder andere im System ändern", sagte Rösler am Dienstag bei einer Veranstaltung zu "Ein Jahr Energiewende" in seinem Berliner Ministerium. "Bisher ist das ein reines Subventionsgesetz", sagte Rösler mit Blick auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Der Einspeisevorrang für Ökostrom führe dazu, dass bei viel Wind und Sonne konventionelle Kraftwerke heruntergefahren werden müssten und sich Investitionen in neue Gas- und Kohlekraftwerke daher derzeit kaum rechneten.
Deutliche Strompreiserhöhungen 2013
Allein 2011 zahlten Bürger und Unternehmen rund 13 Milliarden Euro an EEG-Umlage. Wegen unterschiedlicher Effekte - etwa mehr Wind- und Sonnenstrom und steigende Netzengelte - könnte die Energiewende den Strompreis deutlich steigen lassen. Der südwestdeutsche Energiekonzern EnBW erhöht zum 1. August seine Strompreise im Durchschnitt um mehr als zwei Prozent. Besonders aber Anfang 2013 droht eine Erhöhungswelle auf breiter Front. Im Oktober wird die neue EEG-Umlage für das nächste Jahr bekanntgegeben.
Als Alternative biete sich ein marktwirtschaftliches Mengenmodell an, das die Energieversorger verpflichte, einen bestimmten Anteil ihres Stroms aus erneuerbaren Quellen zu liefern, betonte Brüderle. Rösler kritisierte: "Aus meiner Sicht fehlt in der energiepolitischen Debatte ein Stück weit Ehrlichkeit." So sei die eine Hälfte der Wahrheit, dass mehr Solar- und Windstrom die Strombörsenpreise dämpfe. Dadurch steige aber andererseits die von allen Bürgern über den Strompreis zu zahlende Umlage. Denn bezahlt werden muss die Differenz zwischen dem für den Strom erzielten Preis und dem auf 20 Jahre festgelegten festen Vergütungssatz pro Kilowattstunde.
Gauck warnt vor planwirtschaftlicher Umsetzung
Bundespräsident Joachim Gauck hat wegen der Milliardenausgaben für die Förderung erneuerbarer Energien davor gewarnt, die Energiewende per Planwirtschaft umzusetzen. "Es wird uns nicht gelingen, allein mit planwirtschaftlichen Verordnungen. Schon gar nicht mit einem Übermaß an Subventionen", sagte Gauck am Dienstag im Park von Schloss Bellevue zur Eröffnung der "Woche der Umwelt". Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sprach sich mit Blick auf drohende Strompreiserhöhungen für eine Reform der Ökostromförderung aus. Deren Kosten zahlen die Bürger per Umlage über den Strompreis.
Der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) betonte am Dienstag, die unterschiedlichen Energiekonzepte von Bund und Ländern müssten unter einen Hut gebracht werden. Mit Rösler wolle er gut zusammenarbeiten: "Wir haben entschieden, uns zu mögen", sagte Altmaier.
Kritik aus der Opposition
Aus der SPD kam scharfe Kritik an Röslers Vorstoß für eine Reform des EEG, das erst zu Beginn 2012 reformiert worden war. "Es ist eine zwischen Kräften aus Wirtschaft und schwarz-gelber Koalition abgestimmte Attacke gegen die erneuerbaren Energien, um von den Versäumnissen in der Energiepolitik und den Geschäftsinteressen der Energiekonzerne abzulenken", sagte Fraktionsvize Ulrich Kelber. "Um mehr als zwei Milliarden Euro hat Schwarz-Gelb durch zusätzliche Privilegien für Großverbraucher und die unsinnige Marktprämie die Kosten für erneuerbare Energien für die Stromkunden verteuert, ohne dadurch eine einzige Kilowattstunde zu gewinnen", kritisierte Kelber.