Der stellvertretende FDP-Chef Jürgen Möllemann hat sich im Antisemitismus-Streit bei den Juden in Deutschland entschuldigt, die Debatte aber mit persönlichen Angriffen auf den Zentralrats-Vize Michel Friedman umgehend wieder angeheizt.
Möllemann sagte am Donnerstag dem Fernsehsender »Phoenix«: »Ich werde mich nicht bei Herrn Friedman entschuldigen, der hat das gar nicht verdient.« Es gehe ihm um »diesen Mann und seinen unerträglichen Habitus.« Friedman hatte zuvor die im Landtag von Düsseldorf ausgesprochene allgemeine Entschuldigung Möllemanns auch für seine Person akzeptiert. Nach den neuen Angriffen sagte Zentralratspräsident Paul Spiegel dem ZDF, ein Gespräch mit der FDP sei möglich, nicht aber mit Möllemann. Der umstrittene Abgeordnete Jamal Karsli beendete auf Druck von FDP-Chef Guido Westerwelle seine Zusammenarbeit mit der FDP-Fraktion.
Möllemann verlas in der Landtagsdebatte einen Brief Karslis, in dem er seinen Austritt aus der FDP-Fraktion erklärte. Danach nahm er direkten Bezug auf frühere Äußerungen, er fürchte dass kaum jemand Antisemiten mehr Zulauf verschaffe der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und Friedman in seiner »untoleranten, gehässigen Art«: »Sollte ich damit die Empfindungen jüdischer Mitmenschen verletzt haben, möchte ich mich bei diesen entschuldigen.« Nach der Rede Möllemanns erklärte Westerwelle sein Ultimatum für erledigt, Karsli bis Montag aus der Fraktion auszuschließen und drückte seinem Stellvertreter sein Vertrauen aus.
Wenig später schränkte Möllemann dann in Interviews ein: »Meine Entschuldigung galt den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, aber nicht Herrn Friedman. Ich mag Leute nicht, die, wenn ich ihnen die Hand entgegenstrecke, mir draufhauen.« Er halte Friedman »unverändert für einen aggressiven und arroganten Typ, der jetzt wirklich mal was wegräumen muss. Er hat mich mehrfach als einen Antisemiten bezeichnet«, sagte er »n-tv«.
Direkt nach der Sitzung hatte Möllemann noch gesagt: »Was zu sagen war, ist gesagt worden. Nun dürfen Möllemann und Friedman nichts mehr draufsatteln.« In den späteren Interviews erneuerte er auch seine Kritik an der Politik der israelischen Regierung, der er ebenfalls Mitschuld an Antisemitismus gegeben hatte: »Diese Kritik muss in aller Härte weitergehen«, sagte Möllemann.
Aus Kreisen der FDP-Bundesspitze in Berlin hieß es, die neuerlichen Äußerungen Möllemanns seien ein Nachtreten ohne politischen Wert. Möllemann solle sich auf das konzentrieren, was den Wert des Tages ausmache. Es bestehe jetzt die Möglichkeit, mit dem Zentralrat der Juden sachlich zu sprechen. »Möllemann sollte sich bemühen, dass nicht nachträglich zu behindern«, hieß es weiter. Die Entscheidung sei gefallen.
Spiegel schließt Gespräch mit Möllemann aus
Zentralrats-Präsident Paul Spiegel, der unmittelbar nach Möllemanns Rede versöhnliche Signale an die FDP ausgesendet hatte, sagte nach den neuen Angriffen Möllemanns, der Zentralrat sei zu einem Gespräch mit der FDP bereit, nicht aber mit Möllemann. »Warum kann auch Herr Möllemann seine arrogante Art nicht hintan stellen, hinter dem was geschehen ist. Nach dem wochenlangen Streit. Warum geht das so weiter«, sagte Spiegel dem ZDF. »Wenn Möllemann weiterhin nachhakt, wenn er weiterhin Herrn Friedman angreift, siehe ich keine Möglichkeit zu einem Gespräch mit Herrn Möllemann«, fügte er hinzu. Für Dienstag verabredete sich Spiegel zu einem Gespräch mit Westerwelle in Berlin.
Friedman hatte direkt nach Möllemanns Rede gesagt, er nehme die Entschuldigung Möllemanns an, auch wenn sie nicht direkt an ihn gerichtet sei. Denn er sei ja einer der 100.000 in Deutschland lebenden Juden, die Möllemann angesprochen habe.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Westerwelle hatte zuvor den Austritt Karslis aus der Fraktion und die Entschuldigung Möllemanns begrüßt: »Möllemann ist mein Stellvertreter, er bleibt mein Stellvertreter.« Das gegenseitige Vertrauensverhältnis sei in keiner Weise gestört. Wer nun der FDP weiter Antisemitismus unterstelle, betreibe ein durchsichtiges und schäbiges Spiel.
Der parteilose Karsli begründete seinen Austritt aus der FDP-Fraktion mit den Worten: »Ich möchte nicht der Königsmörder sein. Die FDP muss ihre Zerreißprobe überstehen« Den Vorwurf des Antisemitismus wies er zurück.
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sagte, die FDP stehe vor der Frage, ob sie sich weiter »möllemannisieren« lassen wolle. »Als Parteivorsitzender, als Kanzlerkandidat ist Westerwelle in dem ganzen Vorgang zur Witzfigur geworden, und das Kapitel Möllemann ist nicht zu Ende mit dem heutigen Tage.«