Nur knapp eine halbe Stunde verging am Montag nach der Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, den CDU-Vorsitz im Dezember zu räumen, da begann schon der Kampf um ihre Nachfolge. Innerhalb kürzester Zeit warfen die ersten drei Bewerber ihren Hut in den Ring. Neben Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn fiel dabei überraschend auch der Name Friedrich Merz.
Der 62-Jährige brachte sich sofort nach Bekanntwerden von Merkels Entscheidung als Kandidat ins Spiel. Es wäre ein später Triumph für den Finanzexperten, der einst als Hoffnungsträger der Union galt. Schließlich hatte Merkel den damaligen Fraktionsvorsitzenden nach der Niederlage der Union bei der Bundestagswahl 2002 aus dem Amt gedrängt. Seitdem lagen beide im Clinch.
"Bierdeckel-Modell" von Friedrich Merz schlug hohe Wellen
Merz ließ sich dennoch überreden, unter Merkel das Amt des Fraktionsvizes für den Bereich Steuern und Finanzen zu übernehmen: Er erarbeitete Ende 2003 das Konzept für ein radikal vereinfachtes Steuerkonzept - die Steuererklärung sollte künftig auf einen Bierdeckel passen. Doch wegen des Widerstands aus der CSU verschob die Union einen Einführungstermin für das "Bierdeckel-Modell" auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.
Der Ärger darüber dürfte mit entscheidend für seinen Rückzug aus der politischen Führungsriege gewesen sein: Im Oktober 2004 verzichtete er auf den Posten als Fraktionsvize und seinen Sitz im CDU-Präsidium. Als "Friedrich der Große: Verlierer des Jahres" wurde Merz nach der Bundestagswahl 2005 von einer Zeitung betitelt. In der Führungsriege der neuen Kanzlerin Merkel war kein Platz für ihn. Der einst gefeierte CDU-Star wurde weder Finanzminister noch Unionsfraktionschef, als einfacher Abgeordneter musste er sich mit den Hinterbänken im Bundestag begnügen.

2009 zog sich Merz aus dem Parlament zurück
Mit Ablauf der Legislaturperiode 2009 kündigte er sein Ausscheiden aus dem Parlament an. "Ich habe andere Koordinaten als nur politische Ämter", sagte er damals. Er werde sich um seine Anwaltskanzlei kümmern. "Es muss sich niemand um meine Resozialisierungsfähigkeit Gedanken machen."
Neben seiner Arbeit als Anwalt machte Merz vor allem mit zahlreichen Aufsichtsratsposten auf sich aufmerksam. Im Jahr 2013 hatte er insgesamt 19 solcher Mandate inne. Unter anderem war und ist er für folgende Unternehmen tätig:
- Equity Partner (später Senior Counsel) bei der internationalen Anwaltskanzlei Mayer Brown
- Vorsitzender der Atlantik-Brücke, die sich um wirtschaftliche Beziehungen deutscher Firmen mit den USA kümmert
- Beirat der Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH (zeitweise auch Mitglied des Aufsichtsrats)
- Beirat der Commerzbank AG
- Aufsichtsrat der IVG Immobilien AG
- Aufsichtsrat der Bank HSBC Trinkaus & Burkhardt
- Aufsichtsrat der AXA Konzern AG
- Mitglied des Verwaltungsrats der BASF Antwerpen N.V.
- Aufsichtsrat der DBV-Winterthur Holding AG
- Aufsichtsrat der Deutsche Börse AG
- Verwaltunsrat Stadler Rail AG
- Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens Köln/Bonn
- Vorsitzender der Aufsichtsräte der WEPA Industrieholding SE
Seit 2016 ist er zudem Aufsichtsratsvorsitzender des Vermögensverwalters BlackRock Asset Management Deutschland AG, dem deutschen Ableger des weltweit größten Vermögensverwalters.
Wirtschaftsvertreter wünschen sich Merz zurück
Comeback-Absichten in die Politik hatte Merz bisher zurückgewiesen. Noch im Sommer sagte er gegenüber dem "Deutschlandfunk": "Ich habe zwanzig Jahre aktiv in der Politik gearbeitet, das hat mir überwiegend große Freude gemacht. Ich mache das heute ehrenamtlich an der ein oder anderen Stelle und ich habe keine Veranlassung über irgendetwas nachzudenken. Ich hoffe, dass mein Leben noch relativ lange dauert und was das dann bringt, ehrlich gesagt, weiß ich weder heute noch morgen."
Wirtschaftsvertreter frohlockten am Montag schon einmal angesichts der Aussicht, dass Merz als Merkel-Nachfolger kandidieren könnte. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft forderte, es müsse nun jemand die CDU-Führung übernehmen, "der insbesondere wieder wirtschaftspolitische Kompetenz mitbringt".
Die Entmachtung als Fraktionschef hat bei ihm damals ganz offensichtlich tiefe Spuren hinterlassen. Jetzt, da Merkel das Handtuch als Parteichefin wirft, war Merz sofort zur Stelle - noch schneller als die Merkel-Vertraute Kramp-Karrenbauer. Das zeigt wohl, dass die eine oder andere Rechnung noch offen ist.
Quellen: "Deutschlandfunk", "Manager Magazin", "Welt"
