Angela Merkels Bodyguard mochte es kaum fassen und fragte per Sprechfunk den Kollegen auf der anderen Saalseite: "Sag mal, was ist denn das für eine Stimmung hier?" Nicht nur er wunderte sich. Die meisten Gäste, die am Montagabend in die bayerische Landesvertretung geladen waren, um zusammen mit der CSU-Landesgruppe des Bundestags Edmund Stoibers 65. Geburtstag nachzufeiern, guckten ziemlich verwirrt umher. Es gab reichlich Raum im Empfangssaal. Ein Rollschuhfahrer hätte leicht Durchschlupf zwischen den Gästen gefunden, ohne jemand anzurempeln. Der Bär war hier jedenfalls nicht los.
Vom "Dr. No zum "Dickschädel"
Natürlich war Angela Merkel gekommen, die sich momentan ja nicht dabei übertreffen lässt, mit dem Partner, der sich selbst vom "Dr. No" zum "Dickschädel" umgetauft hat, Friede, Freude, Eierkuchen zu zelebrieren. Fraktionschef Volker Kauder und Innenminister Wolfgang Schäuble gewährten ihr Begleitschutz zu den CSU-Abgeordneten, die selbst aber keineswegs vollzählig erschienen waren. Besonders festlaunig sah die Kanzlerin im schwarzen Hosenanzug und rosa Top freilich nicht aus. Schon gar nicht, als Landesgruppenchef Peter Ramsauer das Loblied auf Stoiber anstimmte, frei nach der Devise: Am Geburtstag nur das Allerbeste über den Jubilar. Das ging so: "Die CSU ist überall, ihr Parteivorsitzender ist überaller", was sich zwar mit dessen Flucht aus Berlin nicht recht vereinbaren lässt, aber dennoch beklatscht wurde, auch von Angela.
Der "Pontifex maximus der Großen Koalition"
Keine Hand rührte die dann aber mehr, als Ramsauer sich zur kühnen Geschichtsklitterung hinreißen ließ, wonach Stoiber durch seine Niederlage bei der Bundestagswahl 2002 den Sieg von Merkel 2005 erst möglich gemacht habe. Da guckte sie doch recht erstaunt. Und vollends gefror ihr Gesicht, als Ramsauer den CSU-Vorsitzenden zum "Pontifex maximus der Großen Koalition" hochjubelte und ihm damit päpstlichen Rang verlieh. Da lachten die Gäste mit sicherer Deckung im hinteren Teil des Saals hörbar hämisch.
Nicht jedes Telefonat ein Quell der Heiterkeit
Stoiber bekam von seiner Landesgruppe einen Berliner Buddy-Bär geschenkt, weiss mit weissblauer Schärpe von der KPM-Manufaktur. Für die Kanzlerin ein "Geschenk von hoher Symbolik", wie sie sagte, denn es erinnere sie gut daran, dass es in Bayern einen "Stoibär" gebe, sowie einen "Bruno", der dort allerdings argen Kummer habe erleben müssen. Immerhin, sie blieb insgesamt höflich zum Geburtstagskind, erlaubte sich nur den kleinen Schlenker, es habe einen "leichten Hang zur Störrigkeit" und "nicht jedes Telefonat mit Dir ist ein Quell der Heiterkeit." Ob ihr Lob, Stoiber sei eine "anerkannte Persönlichkeit in Bayern, in Europa und der ganzen Welt" ernst gemeint war, ließ sich an ihrer Miene nicht ablesen.
30 Minuten Stoiber pur
Was folgte, war Stoiber pur, nämlich 30 Minuten Wortschwall, dem feste Richtung und Ziel beim besten Willen nicht zu entnehmen waren. Immerhin erfuhr das Publikum, dass Bayern vielleicht heute eine Mittelmacht wäre wie Holland, wenn 1704 die Schlacht von Höchstätt anders ausgegangen wäre als mit einer argen Niederlage der Bayern und Franzosen gegen die Österreicher. Der Rest der Rede ermattete das Publikum, Schäuble stützte schwer den Kopf in die Hand und hob ihn erst wieder, als Stoiber erklärte, er höre jetzt auf, sonst werde er noch eine richtige Rede halten. Nach 60 Minuten war alles vorbei, Stoiber endete mit der Ankündigung, in fünf Jahren werde er hier wieder Geburtstag nachfeiern. Eines blieb dabei allerdings offen: Ob als Ministerpräsident oder als Ministerpräsident a.D.