Gesundheitsminister Rösler "Zusatzbeiträge sind unsozial"

Der Bundestag berät heute über die Regierungspläne zur Gesundheitsreform. Nach langem Schweigen meldet sich nun Minister Philipp Rösler zu Wort und nimmt die Krankenkassen in die Pflicht.

Die gesundheitspolitischen Reformpläne der Bundesregierung stehen heute im Bundestag auf der Tagesordnung. Die Grünen, die die bevorstehenden Zusatzbeiträge einiger Krankenkassen als Vorbote der geplanten Kopfpauschale werten, haben dazu eine Aktuelle Stunde beantragt. Sie befürchten, dass ein gleicher Beitragssatz für alle, wie ihn vor allem die FDP anstrebt, zu "weniger Netto vom Brutto" für die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung bedeuten würde.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sieht in dieser Frage die Krankenkassen in der Pflicht. "In der jetzigen Form sind die Zusatzbeiträge unsozial", sagte er der "Bild"-Zeitung. Da bei einem Zusatzbeitrag von bis zu acht Euro monatlich kein Sozialausgleich stattfinde und Gering- oder Gutverdiener dieselbe Summe zu zahlen hätten, würden die Menschen dies als ungerecht empfinden. "Jede Krankenkasse steht deshalb in der Pflicht, alles zu tun, um Zusatzbeiträge für ihre Versicherten zu vermeiden", sagte Rösler. Im Übrigen gebe es "ja noch genügend Kassen ohne Zusatzbeitrag".

Im ZDF-Morgenmagazin drängte Rösler auf einen raschen Umbau des Gesundheitssystems. "Wir wollen schrittweise vorgehen", sagte er und verteidigte sein Vorhaben, eine Kopfpauschale plus Sozialausgleich einzuführen. "Wenn wir das System schrittweise umstellen, wird man niemals einen so hohen Zuschussbedarf haben, wie manche sagen", betonte er.

Bundesversicherungsamt erkennt keine Preisabsprachen

Die Vize-Präsidentin des Bundesversicherungsamts, Sylvia Bohlen-Schöning, nahm die gesetzlichen Krankenkassen gegen den Verdacht der Kartellabsprache im Zusammenhang mit dem Zusatzbeitrag in Schutz. "Eine Preisabsprache kann ich noch nicht erkennen", sagte sie der "Financial Times Deutschland". Jede Kasse sei per Gesetz dazu gezwungen, von ihren Mitgliedern einen Obolus zu kassieren, wenn sie mit den regulären Einnahmen aus dem Gesundheitsfonds nicht mehr auskomme. "Eine Kasse, die absehbar unterfinanziert ist, muss einen Zusatzbeitrag erheben. Sie hat gar keinen Spielraum, weil sie keine Schulden machen darf", sagte Bohlen-Schöning, die das für die Kassenfinanzen zuständige Bundesversicherungsamt derzeit kommissarisch leitet.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer erneuerte seine heftige Kritik an den Zusatzbeiträgen und bezeichnete sie als inakzeptabel. "Wir brauchen verbindliche Vereinbarungen über Kostendämpfung und Einsparungen im Gesundheitswesen", sagte der frühere Bundesgesundheitsminister der "Passauer Neuen Presse". Wenn es jetzt keine Sparanstrengungen gebe, "werden wir spätestens Ende des Jahres die nächste Runde der Beitragserhöhungen bekommen", warnte er.

Ärztekammer: Haben vor Zusatzbeiträgen gewarnt

Der Vize-Präsident der Bundesärztekammer, Frank-Ullrich Montgomery, wehrt sich gegen Schuldzuweisungen aus der Politik. "Wir haben davor gewarnt, dass es zu diesen Zusatzbeiträgen kommen wird, wenn die Politik weiter ungebremst das Leistungsversprechen an die Menschen gibt", sagte Montgomery der "Leipziger Volkszeitung". Ein Gesundheitssystem, das allen immer alles verspricht, werde zwangsläufig immer teurer. "Wenn wir nicht mehr genug Mittel haben, allen alles zu geben, dann müssen wir das öffentlich diskutieren", forderte der Ärzte-Funktionär.

Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem sprach sich für eine Positivliste bei Arzneimitteln aus, um die Kosten im Gesundheitswesen zu dämpfen. "Wir müssen endlich davon weg kommen, dass ein Medikament auf den Markt gelangt und automatisch von der Kasse bezahlt werden muss", sagt Wasem der "Saarbrücker Zeitung". Eine Möglichkeit wäre, ein neues Medikament für ein Jahr auf Probe zuzulassen und in dieser Zeit eine Prüfung vorzunehmen, ob der höhere Preis tatsächlich in einem vernünftigen Verhältnis zur Wirkungsverbesserung steht, erläuterte Wasem.

DPA
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