Die SPD hat mit ihrer Initiative für eine doppelte Staatsbürgerschaft eine weitere Kontroverse in der Großen Koalition entfacht. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte der Internetausgabe der "Süddeutschen Zeitung" am Donnerstag, seine Fraktion wolle zum alten Recht zurückkehren, das vor 1999 galt. Es könne "eben keine doppelte Loyalität bei der Staatsbürgerschaft geben". Die Innenexperten der SPD-Bundestagsfraktion hatten am Vortag die Abschaffung des sogenannten Optionsmodells gefordert, wonach sich junge Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft zwischen 18 und 23 Jahren für den deutschen oder den ausländischen Pass entscheiden müssen. Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy, setzt dagegen auf ein Recht auf doppelte Staatsbürgerschaft.
Edathy forderte die Union auf, ihre Blockade in dieser Frage aufzugeben. Der Entscheidungszwang nach dem gegenwärtigen Recht könne zur Zwangsausbürgerung führen, wenn die Jugendlichen die Altersgrenze erreicht haben, aber sich nicht melden oder nicht aufgefunden werden können. Im Ziel der Abschaffung der Optionsregel sind sich Union und SPD einig. Die Union will aber von vornherein zur alten Regel zurückkehren, wonach die deutsche Staatsbürgerschaft nur erhalten kann, wer die alte niederlegt.
"Mental in der alten Heimat"
Laut Bosbach ist doppelte Staatsangehörigkeit unter dem alten Staatsbürgerschaftsrecht in Ausnahmefällen weiterhin möglich. Zu klären sei bei der gültigen Optionsregel, wie mit Personen verfahren werden solle, die nicht auffindbar seien. Wer sich nach schriftlicher Aufforderung nicht für eine Staatsbürgerschaft entscheide, entscheide sich damit gegen die deutsche.
Gegen die SPD-Initiative sprach sich auch der Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Forums der CDU, Bülent Arslan, aus. Viele Einwanderer lebten mental noch in der Heimat, sagte er im SWR. Sie müssten sich deshalb für einen Staat entscheiden. Das habe nichts mit kultureller Zugehörigkeit zu tun. Sehr oft hätten Migranten "zwei Herzen in der Brust".
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, begrüßte die SPD-Initiative, das Optionsmodell durch die Anerkennung einer doppelten Staatsangehörigkeit zu ersetzen. Die Konfliktsituation müsse abgeschafft werden, in der sich junge Menschen bei Volljährigkeit zwischen dem deutschen und dem Pass ihrer Eltern entscheiden zu müssen.
Die Berliner Arbeitssenatorin Heidi Knaake-Werner (Linke) setzt sich ebenfalls für die doppelte Staatsbürgerschaft ein. Die Hauptstadt verfüge über ein einbürgerungsfreundliches Klima, was sich entgegen dem Bundestrend in positiven Entwicklungen niederschlage, teilte sie mit. So sei die Zahl der Einbürgerungen in acht Jahren von 6.500 auf 7.700 pro Jahr gestiegen. Bundesweit sei sie dagegen von 187.000 im Jahr 2000 auf 113.000 im vergangenen Jahr zurückgegangen.