Im Kampf gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) hat der Bremer Senat einen salafistischen Verein verboten. 200 Polizisten waren nach dem Freitagsgebet zu einer Großrazzia in der Moschee des Kultur- und Familienvereins Masjidu-l-Furqan im Stadtteil Gröpelingen und Privatwohnungen von 17 Mitgliedern angerückt. Nach Informationen von Spiegel Online gingen die Beamten dabei besonders kultursensibel vor: Bei dem Einsatz gab es eine klare Rollenverteilung - weibliche Beamte stürmten die den Frauen vorbehaltenem Räume, männliche die restlichen. Zudem verzichteten die Polizisten auf Hunde und zogen sich Überzieher über ihre Stiefel, da in Moscheen normalerweise keine Schuhe getragen werden dürfen. Die Behörden wollten dabei vermeiden, dass ihre Aktion als islamfeindlich erscheint, heißt es.
Zum ersten Mal wurde in Deutschland ein Moscheeverein verboten, weil dort Propaganda für die Terrormiliz "Islamischer Staat" gemacht wird. Der Verein habe eine "aggressiv-kämpferische Grundhaltung", sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer. In Predigten sei dazu aufgerufen worden, sich dem Kampf des IS anzuschließen. Tatsächlich seien mehrere Mitglieder des Vereins dem Aufruf gefolgt und nach Syrien gereist.
"Gegen solche Vereine gilt Null-Toleranz. Wir nutzen alle verfassungsrechtlichen Möglichkeiten, derartige Vereine zu verbieten, um Terroranschläge in Deutschland und weitere Ausreisen in die Kriegsgebiete zu verhindern", sagte Mäurer. Im Falle des KuF gebe es harte, verwertbare Fakten aus jüngster Zeit, die ein Verbot rechtfertigten.
15 Mitglieder waren nach Syrien gereist
Der Verein, der aufgrund der extremistischen Ausrichtung seiner Anhänger bereits seit Jahren im Fokus der Sicherheitsbehörden des Landes Bremen steht, war in den vergangenen Monaten insbesondere dadurch aufgefallen, dass alle 15 bislang nach Syrien ausgereisten Erwachsenen aus Bremen Mitglieder waren oder dessen Umfeld zuzurechnen sind.
Nach aktuellen Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden sind bislang zwei Männer aus Bremen bei Kampfhandlungen des IS getötet worden, weitere vier Männer und fünf Frauen halten sich vermutlich im Krisengebiet Syriens auf, um die Extremistenorganisation zu unterstützen.
"Durch die von den führenden Mitgliedern des KuF gerade auch in den Freitagspredigten verbreitete Ideologie wird die verfassungsmäßige Ordnung ebenso wie der Gedanke der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig beeinträchtigt", sagte Mäurer weiter. Das Verbot sei daher "zwingend notwendig". Auch die zum KuF gehörige Moschee im Stadtteil Gröpelingen wurde dicht gemacht.
Bundesinnenminister: Zahl der IS-Anhänger wächst in Europa auf "vielleicht 3000"
Aus Deutschland und anderen EU-Ländern ziehen laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) immer mehr Menschen in den Irak und nach Syrien. Obwohl die Brutalität der IS-Extremisten zunehme, wachse auch die Zahl derer, "die sich davon angezogen fühlen in ganz Europa", sagte de Maizière am Freitag bei einem Treffen mit seinen EU-Ressortkollegen in Brüssel. Aus Deutschland gebe es mittlerweile 550 bekannte Fälle, in Europa seien es "vielleicht 3000". Der Minister sprach von einem besorgniserregenden "tiefgreifenden Prozess von Radikalisierung".