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Hamburg Experten bestätigen Polonium-Spuren

Die radioaktiven Spuren, die in der Hamburger Wohnung des russischen Geschäftsmanns Dimitri Kowtun gefunden wurden, gehen auf Polonium zurück. Damit war der russische Kreml-Kritiker Alexander Litwinenko vergiftet worden. Die Staatsanwaltschaft eröffnete ein Verfahren gegen Kowtun.

In den Ermittlungen um den Giftmord am russischen Ex-Agenten und Kreml-Kritiker Alexander Litwinenko führt jetzt eine Spur nach Norddeutschland. In Hamburg und in Pinneberg in Schlwesig-Holstein wurden Spuren der radioaktiven Substanz Polonium 210 entdeckt, mit der Litwinenko am 1. November in London vergiftet worden war. Die Staatsanwaltschaft eröffnete ein Verfahren gegen Litwinenkos Kontaktmann Dmitri Kowtun.

"Es handelt sich definitiv um Spuren des Polonium 210", sagte Einsatzleiter Thomas Menzel am Sonntag in Hamburg vor Journalisten. Experten hatten das Haus im Hamburger Stadtteil Ottensen untersucht, in dem Kowtun sowie seine Ex-Frau eine Wohnung haben, und dabei auf dem Sofa der Ex-Frau Strahlenspuren gefunden. "Er hat dort in der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November übernachtet", sagte Menzel. Am Morgen flog der 41-Jährige dann mit einer "Germanwings"-Maschine nach London, wo der Litwinenko in "Millenium" Hotel traf. Litwinenko war an diesem Tag vermutlich mit Polonium 210 vergiftet worden und drei Wochen später gestorben.

Witwe verdächtigt russischen Geheimdienst

Die Witwe Litwinenkos äußerte unterdessen den Verdacht, dass russische Behörden für den Tod ihres Mannes verantwortlich sein könnten. Der britischen Sonntagszeitung "Mail on Sunday" sagte Marina Litwinenko (44): "Offensichtlich war es nicht (Wladimir) Putin selbst, natürlich nicht." Doch was um den russischen Präsidenten herum geschehe, mache es möglich, einen Menschen auf britischen Boden zu töten. Litwinenko selbst hatte in einer posthum veröffentlichten Erklärung Putin für seinen Tod verantwortlich gemacht.

Menzel sagte, die Ermittler seien auf radioaktive Spuren in einem Auto, das Kowtun mehrfach benutzt hatte, sowie auf dem Anwesen der Ex-Schwiegermutter Kowtuns in Haselau im Kreis Pinneberg gestoßen. "Man kann davon ausgehen, dass es sich auch dort um Polonium handelt", sagte Menzel, der die Sonderkommission "Dritter Mann" leitet. Auch auf einem Formular, das Kowtun Ende Oktober auf der Ausländer-Behörde in Altona ausgefüllt habe, seien Strahlenspuren gefunden worden.

Ausgang "eher nicht" in der Hansestadt

Ob Kowtun den Mord an Litwinenko begangen hat oder an der Tat beteiligt war, konnten die Ermittler nicht sagen. "Das muss noch mit den britischen Behörden geklärt werden", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Martin Köhnke. "Die Frage, ob er Opfer oder Täter war, lässt sich nicht eindeutig klären." Nach Meinung von Hamburgs Polizeipräsident Werner Jantosch hat der Litwinenko-Fall seinen Ausgang "eher nicht" in der Hansestadt genommen. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen Kowtun ein Verfahren wegen des unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen und wegen des Verdachts des Missbrauchs ionisierender Strahlen ein.

Kowtun war am 28. Oktober von Moskau nach Hamburg gekommen. Nach Ansicht der Ermittler war er schon in der russischen Hauptstadt in Kontakt mit dem Polonium gekommen. Ob er die Substanz dann nach Hansestadt transportiert oder im Körper gehabt und etwa ausgeschwitzt hat, ließ sich nach Angaben der Experten nicht rekonstruieren.

Attentäter im Umgang mit der Substanz nicht genügend geübt

Nach Spekulationen der britischen Zeitung "The Guardian" haben sich die Mörder Litwinenkos möglicherweise selbst mit dem radioaktiven Polonium 210 vergiftet. Die Anwendung des radioaktiven Materials lasse darauf schließen, dass die Attentäter im Umgang mit der Substanz nicht genügend geübt waren, berichtete das Blatt unter Berufung auf das FBI.

Spezialisten der Sonderkommission "Dritter Mann", unterstützt von Beamten von Scotland Yard, setzten unterdessen die Messung im Wohnhaus Kowtuns und auf dem Anwesen der Ex-Schwiegermutter fort.

Kowtun, sowie ein dritter Mann bei dem Londoner Treffen mit Litwinenko, der Ex-Spion Andrej Lugowoj, leiden inzwischen an Strahlenkrankheit und liegen nach russischen Medienberichten in Moskau im Krankenhaus. Über den Gesundheitszustand Kowtuns lagen widersprüchliche Angaben vor. Die Ermittler der Sonderkommission "Dritter Mann" erhielten dazu bisher keine Auskunft der russischen Behörden. Bei zwei britischen Polizisten wurde unterdessen eine Strahlenbelastung nachgewiesen. Die Menge sei aber so gering, das keine akute Gefahr für ihre Gesundheit bestehe, berichtete die Sonntagzeitung "Observer". Insgesamt waren 26 an den Ermittlungen beteiligte britische Beamte untersucht worden.

DPA DPA

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