Hannover-Messe Halbnackte demonstrieren gegen Putin

Beim Rundgang auf der Hannover-Messe haben Demonstrantinnen Russlands Präsidenten Wladimir Putin beschimpft. Leicht bekleidet stürmten sie auf Putin zu und machten deutlich, was sie von ihm halten.

Mehrere barbusige Frauen haben beim Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin auf der Hannover Messe gegen dessen politisches System protestiert. Sie rannten laut schreiend auf Putin zu, als er zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Rundgang über die Messe unternahm. Eine Demonstrantin konnte sich Putin bis auf wenige Meter nähern. Die Frauen wurden aber von Bodyguards gestoppt, bevor sie den Präsidenten erreicht hatten. Auf ihre Brüste hatten die Protestiererinnen geschrieben "fuck dictator". Putin und Merkel hatten gerade den Stand von Volkswagen verlassen, als sich der Zwischenfall ereignete. Sie wollten den Messe-Rundgang aber fortsetzen.

Putin reagierte auf der anschließenden Pressekonferenz belustigt auf den Vorfall. "Die Aktion hat mir gefallen", sagte er. Daran sei "nichts Schreckliches". Was die Frauen geschrieen hätten, habe er aber nicht genau verstehen können. Putin bezeichnete die Demonstrantinnen als "ukrainische Mädchen", ein Verweis auf die feministische Aktionsgruppe Femen, die in der Ukraine entstand. Der Präsident empfahl, wer politische Diskussionen führen wolle, solle sich etwas anziehen.

In Russland hatten jüngst Razzien bei zivilen Einrichtungen auch deutsche Organisationen getroffen, darunter die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Hintergrund ist ein neues Gesetz, wonach sich Einrichtungen in Russland, die Geld aus dem Ausland erhalten, als "Agenten" registrieren lassen müssen.

Merkel erneuert Kritik

Merkel hat ihre Kritik an den Razzien gegen Nichtregierungsorganisationen in Russland bei ihrem Treffen mit Präsident Wladimir Putin bekräftigt. "Natürlich ist es eine Störung und ein Eingriff, wenn Festplatten einfach kontrolliert werden", sagte sie auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin auf der Hannover Messe. Deutschland hoffe, dass die Arbeit der Stiftungen in Russland künftig nicht mehr behindert werde. Zudem wünsche sich Deutschland in Russland eine "lebendige Zivilgesellschaft".

Putin verteidigte das russische Gesetz zur Kontrolle der Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen aus dem Ausland. Die Geldflüsse seien "besorgniserregend", sagte er. "Unsere Bürger sind berechtigt zu wissen, woher das (Geld) kommt." Die Stiftungen könnten weiter arbeiten, betonte Putin. Gesetze wie das russische gebe es auch in anderen Ländern, zum Beispiel in den USA.

Menschenrechtler lobt die Kanzlerin

Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Deutschland, Wenzel Michalski, hat die Bundeskanzlerin für ihre kritischen Äußerungen zur Situation der Zivilgesellschaft in Russland gelobt. Merkel könne "nach unserem Geschmack noch kräftiger sprechen, aber es ist doch immerhin ein Anfang", sagte Michalski im Deutschlandradio Kultur. Er hoffe, "dass sich auch andere europäische Staatschefs da eine Scheibe abschneiden". Bislang stehe Merkel in Europa "relativ auf einsamer Flur". Auch in Deutschland stehe die Kanzlerin ziemlich allein da, sagte Michalski. Er warf insbesondere dem SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück vor, sich nicht deutlich genug zu äußern.

Michalski berichtete, auch das Russland-Büro von Human Rights Watch sei vor einigen Tagen von Regierungsbeamten durchsucht worden. Alles sei "relativ freundlich und höflich" abgelaufen, die Konsequenzen seien jedoch noch ungewiss.

Putin wird seit längerem vorgeworfen, Menschenrechte zu verletzen und die weitere Entwicklung der Demokratie in seinem Land zu blockieren. Bereits am Sonntag hatte es in Hannover Proteste gegen das russische Vorgehen etwa gegen Nichtregierungsorganisationen gegeben. Vor der Stadthalle hatten zahlreiche Demonstranten bereits auf Putins Ankunft gewartet. Sie wollten unter anderem auf die ihrer Meinung nach eklatanten Demokratie-Defizite in Russland hinweisen. Die Polizei sprach von etwa 350 Teilnehmern.

DPA
tkr/DPA