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Islam-Kongress Zwischen Dialog und Dschihad

Das "Erste arabische Islam-Treffen in Europa", zu dem muslimische Internetseiten aufgerufen haben, soll im Oktober in Berlin stattfinden. Doch wie damit umgehen? Die Behörden sagen noch weniger als sonst.

Das Bundesinnenministerium von Otto Schily (SPD) verweist auffällig deutlich auf die Berliner Behörden. Und die üben sich in äußerster Zurückhaltung. Der Grund ist das "Erste arabische Islam-Treffen in Europa". Mehrere internationale muslimische Internetseiten haben zu dem Kongress aufgerufen, der vom 1. bis 3. Oktober stattfinden soll. Die Teilnehmer wollen eine europäische Dachorganisation zur Vertretung muslimischer Interessen in Europa gründen.

In dem Aufruf ist "Widerstand" ein zentraler Begriff - Widerstand gegen die "Tyrannei der USA" und gegen die "Besetzung Palästinas und Iraks". Teils gäbe es auf den Seiten eine "forsche Wortwahl", sagt der Berliner Verfassungsschutz.

Wie damit umgehen? Wollen sich dort radikale Islamisten sammeln und zu Gewalt aufrufen oder soll dort nur in harmlosen Arbeitsgruppen diskutiert werden, prüfen die Behörden. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) jedenfalls tut sich schwer mit Antworten, ob ein Verbot in Frage kommt.

Vorrücken von Islamisten?

Drei Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 dürfte hinter den internen Verbotsprüfungen aber auch die Frage stecken, ob die Hauptstadt ein verstärktes Vorrücken von Islamisten ins politische Zentrum Deutschlands befürchten muss. So beschäftigt die Behörden derzeit auch, ob der unter Terrorismusverdacht stehende Ägypter Reda Seyam aus Baden-Württemberg nach Berlin zieht. Die Bundesanwaltschaft ermittelt zwar gegen Seyam wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung, aber einen Haftbefehl gibt es nicht. Er soll in die Terroranschläge auf Bali 2002 verwickelt gewesen sein. Geklärt werden soll auch, ob er zum Islamistennetzwerk El Kaida gehört.

Für bundesweite Schlagzeilen hatte auch die Berliner Al-Nur-Moschee gesorgt. In deren Umkreis soll ein jetzt in Berlin vor Gericht stehender Tunesier Gleichgesinnte für den "Heiligen Krieg" geworben und militärisch ausgebildet haben. Innensenator Körting plädierte trotzdem bislang immer für Sachlichkeit und Unaufgeregtheit. Von den in Berlin lebenden rund 200 000 Muslimen seien etwa 4000 zum islamistischen Spektrum zu zählen. Und dort wiederum müsse unterschieden werden zwischen denen, die zwar einen Gottesstaat befürworten, aber nicht zu Gewalt neigten, und den wenigen, die gewaltbereit seien.

Doch das Simon Wiesenthal Center befürchtet nach dem Internetaufruf zu dem Kongress, dass mit dem Treffen der radikale Islam in Europa und der Widerstand in Palästina und im Irak gestärkt werden solle. Das sei kein unschuldiges Treffen von Arabern, sondern eine politische Plattform zur Anwerbung radikaler Dschihad-Kämpfer und Terroristen, hieß es in einem Brief aus Paris an Schily.

500 bis 800 Teilnehmer erwartet

Die Organisatoren sprechen von 500 bis 800 Teilnehmern, die sie in Berlin erwarten. Verbotsforderungen weisen sie zurück. Gabriel Daher, Sprecher des Vorbereitungskomitees, sagt: "Der Kongress hat nichts mit Islamisten und Extremisten zu tun. Wir wollen, dass die Öffentlichkeit die Wahrheit über die Besetzung Palästinas und Iraks erfährt."

Da ist die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ganz anderer Meinung. Das Treffen müsse verhindert werden, fordert Fraktionsvize Wolfgang Bosbach. Er habe große Zweifel, ob der Kongress im Einklang mit der Verfassung stehe. "Wir haben die Vorbereitungen im Auge", sagte dazu ein Sprecher des Innenministeriums in Berlin.

Jutta Schütz/DPA DPA

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