Neulich hat jemand die Kanzlerin auf ihren Besuch im Weißen Haus angesprochen. Ob das nicht mindestens seltsam gewesen wäre, dass sie "nur" neben der Tochter des Präsidenten platziert worden sei. "Wieso?", fragte Angela Merkel gewohnt unempört zurück: "Sie hat es doch gut gemacht".
So gut hat Ivanka Trump "es" offenbar gemacht, dass Merkel sie gleich zum heutigen W20-Frauengipfel nach Berlin lud. Zu einer Runde so mächtiger und - dies nicht nur auf Königin Maxima und die elegante Madame Lagarde bezogen - hochkarätiger Frauen, wie Berlin sie wohl niemals zuvor sah. Die Kanzlerin weiß natürlich aus ihren Jahren im Boys' Club der internationalen Politik, dass hinter jedem mächtigen Mann meist eine mächtige Frau steht. Dass die mächtige Frau hinter US-Präsident Donald Trump Ivanka heißt, hatte sie sofort gespürt. Manche sagen jetzt, Ivanka sei der Schlüssel für das neue deutsch-amerikanische Verhältnis.
Ivanka Trump: "Ich würde mich als Feministin bezeichnen"
So sitzt Ivanka Trump im blauen Schlüsselblümchenkleid mit Schleppe neben der eleganten und thematisch sattelfesten Königin Maxima, seit 2009 UN-Sonderbeauftragte für das Thema finanzielle Inklusion. Neben der immer souveränen Kanzlerin Angela Merkel, neben IWF-Chefin Christine Lagarde. Neben Chrystia Freeland, der kanadischen Außenministerin, neben, neben, neben und sagt überraschende Sätze mit heiser-sanfter Stimme: "Ich würde mich als Feministin bezeichnen." Und dass ihr Vater sie immer unterstützt und ermuntert habe, wie auch all die anderen Frauen, die er über Jahrzehnte in seinen vielen Firmen beschäftigte. Dass er also quasi ein Frauenförderer sei, ein "champion on supporting families", was dem Auditorium ein Raunen entlockte.
Amerikaner unterscheiden Frauen ja gelegentlich in drei Typen: Horse, Cow oder Bird. Und weil Ivanka so besonders dem Typus "Vögelchen" entspricht, wirken Ihre klugen Sätze, ihre Statistiken und ihre vorbereiteten Beispiele aus der Lebenswelt von amerikanischen Frauen auf dem Berliner Podium so überraschend. Dass man daran denken müsse, Frauen auch Zugang zu Smartphones zu ermöglichen, sagt sie, zu den digitalen Medien überhaupt. Und sie gibt sich bescheiden. Wenn sie sich bei Chancellor Merkel dafür bedankt, in diese illustre Runde eingeladen zu sein. Wenn sie auf die Frage der Moderatorin Miriam Meckel, was man sich unter der Bezeichnung "First Daughter" vorstellen müsse, die Bezeichnung sei für uns in Old Europe relativ neu, sagt: "Für mich auch". Sie wolle zuhören und lernen und dann, nach dieser Reise, gebildeter zurückkehren und ihrem Vater Bericht erstatten. Daddy's girl. Soll sie mal.
Angela Merkel fragt die Menge
Ach, und dann hat die Kanzlerin mal eben die Idee eines Kapitalstocks aus dem Hut gezaubert, den sie bei der Weltbank andocken wolle und der Kredite für Unternehmerinnen in afrikanischen Ländern anhebeln könnte. "Eine spezielle Faszilität zum anleveragen" sagt die Kanzlerin auf gipfeldeutsch. "Toll", sagte Nicola Leibinger-Kammüller, Chefin der Firma Trumpf, "da sammel' ich Geld." Christine Lagarde und Königin Maxima applaudierten.
"Würden Sie sich als Feministin bezeichnen?", fragte die Moderatorin Germanys Chancellor. "Ich will mir die Feder nicht anstecken. Aber Sie könn' ja mal abstimmen", antwortete Merkel. "Jaaaa", rief das Publikum und klatschte beinahe frenetisch. Und ein bisschen sah es aus, als hätte Ivanka Trump gern mitgeklatscht. Sagen wir mal so: Es war das erste Mal für die First Daughter. Sie hat es gut gemacht.