Kehrtwende bei Markus Lanz Chaos-Karl: Gesundheitsminister Lauterbach blamiert sich mit dem Hickhack um die Corona-Isolation

Karl Lauterbach auf der Pressekonferenz am Montag.
Karl Lauterbach auf der Pressekonferenz am Montag.
© Bernd von Jutrczenka/ / Picture Alliance
Erst soll sie ganz wegfallen, jetzt wird sie nur verkürzt. Mit dem Hin und Her um die Isolation nach einer Corona-Infektion blamiert sich Karl Lauterbach auf offener Bühne. Er sollte dringend seinen Führungsstil überdenken.

Was will er denn nun, dieser Bundesgesundheitsminister?

Am Montagabend stellte sich Karl Lauterbach vor die Presse und erklärte, dass sich Corona-Kranke ab Mai nur noch freiwillig isolieren müssten. Man wolle so die Gesundheitsämter entlasten, die ihre eigenen Anordnungen angesichts der hohen Fallzahlen sowieso nicht mehr kontrollieren könnten.

Am Dienstagabend sitzt Karl Lauterbach dann bei Markus Lanz und sagt: "Diesen Punkt, dass die Infizierten, dass die sich selbst isolieren, und nicht mehr durch das Gesundheitsamt aufgefordert werden, den werde ich wieder einkassieren." Bleiben solle eine verkürzte Isolation von fünf Tagen.

Zumindest bei der Auswahl seiner Lieblingskanäle bleibt er sich treu

Nicht über das Bundesgesundheitsministerium, sondern in einer Talkshow verkündet Karl Lauterbach diese 180-Grad-Wende. Zumindest bei der Auswahl der Lieblingskanäle für seine Botschaften bleibt sich Karl Lauterbach treu. Nachts um kurz nach halb drei schiebt Lauterbach dann noch eine Erklärung über Twitter hinterher, genau um 2:37 Uhr.

Der Grund für Lauterbachs Sinneswandel ist einfach: Epidemiologen und Mediziner hatten die Entscheidung teils heftig kritisiert. Dass Lauterbach sie nun wieder zurücknimmt, ist  insofern richtig, und jeder Mensch, auch Minister, soll sich korrigieren dürfen. Dennoch wirft das Hin und Her grundsätzliche Fragen auf.

Denn es ist ja nicht so, dass die Reaktion von Wissenschaftlern und Ärzten sowie die Verunsicherung vieler Bürger überraschend kamen. Erstens weiß Lauterbach als Mediziner und Epidemiologie selbst, wie schnell sich das Virus ausbreiten kann, wenn sich infizierte und ansteckende Personen nicht mehr isolieren müssen. Er selbst hat immer wieder davor gewarnt, dass es Menschen gibt, die sich trotz eines Impfstoffes nicht gegen das Virus schützen können. Mit der neuen Regelung wären sie der Krankheit tatsächlich schutzlos ausgeliefert gewesen.

Zweitens hatte Lauterbach vor ein paar Wochen schon mal eine Entscheidung getroffen, die ihm viel Kritik eingebrachte: den fast kompletten Wegfall der Maskenpflicht. Schon damals waren die Menschen irritiert, dass der Mahner und Warner Lauterbach plötzlich Lockerungen beschließt. Noch absurder wirkt die Ankündigung vom Montag vor dem Hintergrund, dass Lauterbach nicht müde wird, vor Corona zu warnen. Er fleht die Bundesländer an, sich zu Hotspots zu erklären und bittet die Bürger weiterhin Masken zu tragen.

Lauterbach kann sein Amt nicht über Talkshow-Auftritte und Twitter führen

Nein, Lauterbach hat eine wichtige Lehre für Minister offensichtlich auch nach rund vier Monaten im Amt immer noch nicht verstanden: Er kann sein Amt nicht über Talkshow-Auftritte und Twitter führen. Als Abgeordneter konnte Lauterbach kurzfristig seine Meinung ändern. Denn das, was er sagte, hatte keine unmittelbare Konsequenzen. Jetzt ist er Gesundheitsminister und seine Aussagen verändern die Realität für Behörden, für Ämter, Beamten und Mitarbeiter im Gesundheitssystem, außerdem für alle 80 Millionen Menschen in diesem Land.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Lauterbach hat es bis heute offensichtlich nicht geschafft, in seinem Ministerium ein Umfeld mit Mitarbeitern und Beratern zu schaffen, die solche Entscheidungen vorbereiten und die die Autorität besitzen, ihn im Zweifelsfall vor Kurzschlüssen und Alleingängen abzuhalten. Gewissermaßen hat sich Lauterbach an der Spitze seines Ministeriums offenbar selbst in eine Isolation begeben, die ihm die Amtsführung und Kommunikation massiv erschwert. Das ist nicht nur für ihn gefährlich, es ist eine Last für alle Betroffenen und für die Regierung selbst.

Vor ein paar Tagen hat der Minister, mahnend und warnend wie er sich selbst am liebsten sieht, gesagt: "Die Lage ist viel schlechter als die Stimmung." Bald aber ist die Stimmung  genauso schlecht wie die Lage – und Lauterbach hat einen großen Anteil daran.