Klausurtagung CDU setzt im Wahlkampf auf Jugendstrafrecht

Die CDU-Spitze hat sich geschlossen hinter die harte Linie von Ministerpräsident Koch gestellt: Bei ihrer Wiesbadener Klausurtagung stimmte sie einstimmig für ein schärferes Jugendstrafrecht - mit "Warnschussarrest" und schnellerer Abschiebung. Kanzlerin Merkel warnte die SPD dabei vor einer Hinhaltetaktik.

Drei Wochen vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen will die CDU mit Vorschlägen für härtere Jugendstrafen und Steuersenkungen auf breiter Front punkten. Die CDU-Spitze hat sich geschlossen für ein schärferes Jugendstrafrecht ausgesprochen und will damit den Druck auf die SPD erhöhen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte die Sozialdemokraten vor einer Hinhaltetaktik. "Es muss was passieren", sagte die CDU-Vorsitzende am Samstag zum Abschluss der Klausur des CDU-Bundesvorstands in Wiesbaden. Das Thema dürfe "nicht auf die lange Bank geschoben werden".

Beck lehnt Gesetzesänderung ab

SPD-Chef Kurt Beck bot der Union Gespräche an, lehnte aber Gesetzesänderungen ab. "Es müssen schneller Nägel mit Köpfen gemacht werden", so Merkel. Becks Gesprächsangebot zeige, "dass die Sozialdemokraten die Brisanz des Themas eventuell erkannt haben". In einer einstimmig beschlossenen "Wiesbadener Erklärung" fordert die CDU neben dem schärferen Jugendstrafrecht eine Kindergeld-Erhöhung zum Jahresanfang 2009 und eine Steuerreform mit niedrigen Steuersätzen.

Zur Eindämmung von Jugendgewalt hält die CDU Erziehungscamps, einen "Warnschussarrest" bei Bewährungsstrafen, eine höhere Jugendstrafe von maximal 15 statt 10 Jahren bei schwersten Verbrechen und eine schnellere Abschiebung von Ausländern für nötig. Sie sollen bei einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zwingend ausgewiesen werden können. Für 18- bis 21-Jährige soll das Erwachsenenstrafrecht die Regel werden. Die Zahl der Schulabbrecher soll halbiert werden. Damit demonstriert die CDU drei Wochen vor der Landtagswahl in Hessen Schulterschluss mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU).

Gereizter Ton

Der Ton in der Koalition wird gereizter. Koch drohte Beck mit härteren Bandagen, wenn er die Unions-Forderungen blockiere: "Es gibt durchaus Möglichkeiten, ihm das noch deutlicher zu erklären als bisher." Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) warf Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) "naive Sozialromantik" vor. "Bei hoch kriminellen Serientätern ist mit erhobenem Zeigefinger und gut Zureden nichts gewonnen." Merkel sagte, sie sei es gewöhnt, mit der SPD "dicke Bretter" zu bohren. Das Gesprächsangebot von Beck zeige, "dass die Sozialdemokraten die Brisanz des Themas eventuell erkannt haben". Mehrere CDU-geführte Länder hatten schon 2003 und 2004 Maßnahmen für ein schärferes Vorgehen gegen Jugendkriminalität vorgelegt. Die SPD lehnte dies ab.

Koch betonte, die CDU-Forderungen zur Bekämpfung der Jugendkriminalität seien kein Schnellschuss. Die Forderungen seien vielmehr bereits in den vergangenen Monaten von den CDU- beziehungsweise CDU/FDP-regierten Bundesländern in den Bundesrat eingebracht worden. Eine weitere Beratung im Bundestag aber sei bislang stets am Widerstand der SPD gescheitert: "Insofern ist nicht verwunderlich, dass die CDU Deutschlands in dieser Frage sehr geschlossen steht."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Kritik an Koch von hessischer FDP

Inzwischen wird Koch wegen seines harten Kurses im Bereich Jugendkriminalität auch von der hessischen FDP kritisiert. Der Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn warf Koch in der "Wetzlarer Neuen Zeitung" vor, er habe das bereits 1999 angekündigte geschlossene Jugendheim für Hessen bis heute nicht gebaut. Koch müsse sich fragen lassen, "warum in seiner neunjährigen Amtszeit nicht alles Notwendige in Hessen gemacht wurde". Die FDP kritisierte auch, dass die hessische Jugendarrestanstalt in Gelnhausen ungenügend ausgestattet sei. Da oftmals keine freien Plätze zur Verfügung stünden müsse vielfach auf Jugendarrest verzichtet werden. "Koch soll erst einmal seine Hausaufgaben machen", sagte Hahn.

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß kritisierte die Steuersenkungspläne des Koalitionspartners. "Wer heute so tut, als könne er mal im Vorübergehen Steuern senken, macht haltlose Versprechungen", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Diese Absichtserklärungen sind ähnlich belastbar wie die Fünf-Jahres-Pläne der DDR."

Absage an Mindestlohn

Die Kanzlerin erteilte der SPD-Forderung nach einem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn erneut eine Absage. Mit der CDU seien nur Maßnahmen zu machen, "die nicht Beschäftigung kosten, sondern die uns zusätzliche Beschäftigung bringen". Hierzu gebe es in der Koalition vernünftige Pläne für eine branchenweise Prüfung. Die CDU-Spitze diskutierte auch mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, über Risiken der Weltwirtschaft.

DPA
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