Die Spannung um die Abstimmung über die Vertrauensfrage von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) an diesem Freitag im Bundestag steigt. In den Parteien werden bereits die verschiedenen Szenarien durchgespielt - je nach dem, wie das Votum ausfällt. Hier die denkbaren Varianten:
Variante eins
Schröder gewinnt In einem solchen Fall setzt der Kanzler, wie er angekündigt hat, die rot-grüne Koalition fort. Gefahr droht dem Bündnis allerdings durch den Parteitag der Grünen in Rostock vom 24. bis 25. November. Kommt es dort zum Aufstand der Basis, muss auch die Grünen-Fraktion in Berlin neu beraten.
Variante zwei
Schröder verliert und strebt Neuwahlen an Das Grundgesetz gibt einem Kanzler, der eine Vertrauensabstimmung verliert, ein Initiativrecht. Er ist befugt, gemäß Artikel 68 dem Bundespräsidenten den Vorschlag zu machen, den Bundestag aufzulösen. Der Bundespräsident kann dem binnen 21 Tagen folgen. Bei Auflösung des Parlaments muss gemäß Artikel 39 Absatz eins innerhalb von 60 Tagen neu gewählt werden. Spätestens am 3. Februar 2002 müssten dann die Bürger zur Wahl gerufen werden.
Die Chancen der Parteien in einem solchen Fall wollen in der Hauptstadt selbst erfahrene Partei-Strategen nicht vorher sagen.
Schon wegen eines Wahlkampfs im Winter käme eine Neuwahl wohl fast allen nicht gelegen. Wegen der schlechten Wirtschaftslage müsste die SPD, wegen der internen Diskussion um den Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr auch Bündnis90/Grüne diese Variante fürchten. Auch die Union geriete unter Zugzwang.
Variante drei
Schröder verliert und wechselt die Koalition Schröder hätte das Recht, trotz einer Niederlage im Amt zu bleiben und einfach eine neue Koalition zu bilden. Das neue Bündnis könnte er durch eine neue Vertrauensfrage politisch legitimieren lassen. Nach Lage der Dinge bietet sich als neuer Partner jedoch nur die FDP an. Die Union steht für eine Bündnis nicht zur Verfügung, wie es aus der Spitze der Bundestagsfraktion heißt. FDP-Chef Guido Westerwelle hat allerdings auch schon zu erkennen gewesen, dass er eher Neuwahlen anstreben würde als die Bildung einer Art Übergangskoalition bis zur nächsten Bundestagswahl. Ein SPD-FDP-Bündnis hätte auch nur eine hauchdünne Mehrheit.
Variante vier
Schröder verliert und tritt zurück Mit einem nach der Verfassung ebenso möglichen Rücktritt rechnen die Parteien eher nicht. Dies wäre die überraschendste Variante. Variante fünf: Schröder verliert und ist Minderheitskanzler Schröder könnte nach einer Niederlage auch gar nichts tun und einfach als Chef einer rot-grünen Regierung bis zur Bundestagswahl im Amt bleiben. Er würde aber als derart politisch geschwächt gelten, dass auch diese Möglichkeit in Berlin derzeit so gut wie ausgeschlossen wird.