Köln und die Folgen Die absurden Reaktionen der Politiker

Eine Armlänge Abstand, Abschiebung von Flüchtlingen, Verhaftung der Täter: Nach den Übergriffen der Kölner Silvesternacht überbieten sich die Politiker mit Forderungen, die realitätsfern und nicht umzusetzen sind.

Die schockierenden Ereignisse der Silvesternacht von Köln: Welche Folgen haben die Übergriffe, welche Maßnahmen müssen für die Zukunft getroffen werden? Die Debatte wird nicht nur in der Bevölkerung emotional geführt, auch aus der Politik kommen viele Vorschläge zum Thema - die sich vor allem dadurch auszeichnen, nicht besonders zielführend zu sein.

Mal wird an die Opfer appelliert, sich beim nächsten Mal doch bitte anders zu verhalten; mal werden Vorurteile geschürt und mit Vorverurteilungen gearbeitet; und mal wird einfach nur reflexartig nach der harten Hand des Rechtsstaats gerufen. All diese Appelle eint ihr Populismus und eine weltfremde Einschätzung der Lage.

"Es ist immer eine Möglichkeit, eine gewisse Distanz zu halten, die weiter als eine Armlänge betrifft."

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker glaubt zu wissen, wie sich Frauen besser vor Übergriffen schützen können. Es ist ihr auch nicht abzusprechen, dass sie es gut meint mit ihrem Aufruf. Die Empörung in den sozialen Netzwerken (#EineArmlaenge) bezieht sich trotzdem auf zwei Aspekte: dass es zuvorderst die Aufgabe der Opfer sein soll, ihr Verhalten zu ändern; und dass der Vorschlag in der Realität nicht durchführbar ist - weder an städtischen Hauptbahnhöfen noch auf Großveranstaltungen wie Karneval oder Konzerten ist es möglich, zu einem Fremden auf eine Armlänge Abstand zu gehen. In einer hitzigen Diskussion wie dieser wirken Rekers Äußerungen - zumal in ihrer allerersten Stellungnahme zum Thema - äußerst hilflos.

"Wenn Asylbewerber oder Flüchtlinge solche Übergriffe begehen, ist das ein eklatanter Missbrauch des Gastrechts und kann nur ein sofortiges Ende des Aufenthalts in Deutschland zur Folge haben."

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer spricht von einer neuen, abscheulichen Qualität von Gewalt - umso gefährlicher, dass er sofort den Querverweis zur brodelnden Flüchtlingsdebatte zieht. Dabei ist noch völlig unklar, wer die Täter von Köln sind, wie viele sie waren und - vor allem - woher sie kommen. Von Männern aus dem nordafrikanischen oder arabischen Raum ist immer wieder die Rede. Konkrete Ergebnisse gibt es bislang aber noch nicht. Bundesjustizminister Heiko Maas betont: "Wenn Asylbewerber unter den Tätern waren, ist das noch lange kein Grund, alle Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen." Für Scheuer leider schon.

"Es ist jedenfalls absolut nicht hinnehmbar, dass rechtsfreie Räume entstehen. Ich erwarte, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen." Bundesinnenminister Thomas de Maizière fordert harte Strafen für die Täter. Theoretisch logisch, praktisch ist das Problem: Auch sechs Tage später gibt es noch keine einzige Festnahme. „Es ist höchst ungewiss, ob es im Fall der Übergriffe in Köln auch nur zu einer einzigen Verurteilung kommen wird”, sagt Gewerkschaftschef Rainer Wendt im Interview mit der "Passauer Neuen Presse". Die Beweisführung gestalte sich aufgrund der Gemengelage als "sehr schwierig", so eine Sprecherin der Kölner Polizei. Weiterhin ist man dringend auf Zeugen angewiesen, die mit Aussagen oder Videoaufnahmen weitere Erkenntnisse liefern. Laut Wendt fehle es der Polizei an Personal, umso wichtiger seien Resultate der Ermittlungen: "Wenn sie nicht gefasst werden, werden sie sich regelrecht ermuntert fühlen, im Schatten der Anonymität weiter tätig zu werden."

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Die Ausschreitungen von Köln im Video