Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" (FTD) will die CSU das geplante zweite Konjunkturpaket nur mittragen, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Widerstand gegen schnelle Steuersenkungen aufgibt. "Ein weiteres Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Wirtschaft muss erhebliche Steuerentlastungen enthalten", sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer der FTD. "Das ist für die CSU unverzichtbar. Einem weiteren Impulspaket ohne Steuerentlastungen werden wir nicht zustimmen."
Insgesamt, so Ramsauer, dürfe die Neuverschuldung im nächsten Jahr nicht über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anwachsen, wie es im europäischen Stabilitätspakt vorgeschrieben sei. "Wir müssen uns Leitplanken setzen, und die drei Prozent sind eine wichtige Leitplanke auch im Hinblick auf unsere internationale Reputation und Glaubwürdigkeit", sagte der CSU-Politiker. Eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts auszurufen und damit den EU-Pakt zu umgehen, dürfe nur "der letzte Notnagel" sein.
Glos droht CDU mit separatem CSU-Wahlprogramm
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) droht der CDU im Streit um Steuersenkungen mit einem separaten Wahlprogramm seiner Partei für die Bundestagswahl 2009. Steuersenkungen müssten Teil des geplanten zweiten Konjunkturpakets sein, forderte Glos am Donnerstag in München. "Wenn nicht, muss man auch darüber nachdenken, mit einem eigenem Wahlprogramm zu kommen." Er sei jedoch zuversichtlich, dass sich "die Linie der Vernunft" durchsetzen wird.
Glos fordert Steuersenkungen von 25 Milliarden Euro über mehrere Jahre verteilt. Eine erste Tranche könnte nach seiner Auffassung zehn Milliarden Euro noch vor der Bundestagswahl umfassen.
Koch: Nicht die Zeit für Steuersenkungen
Dagegen sagte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) in der "Süddeutschen Zeitung": "Ich glaube nicht, dass jetzt die Zeit ist für Steuersenkungen, also in Wahrheit für große Steuerreformen." Selbst die schnellste Steuersenkung könne frühestens in 18 Monaten wirken. "Wir brauchen jetzt aber Maßnahmen, die in den nächsten drei, vier, sechs Monaten wirken", so der hessische Landesvater.
Merkel berät an diesem Donnerstag in Berlin mit den Ministerpräsidenten der Länder über ein Programm für mehr Investitionen in die Infrastruktur. Dabei geht es um mehr Geld unter anderem für den Bau von Straßen, Schulen und Kindergärten. Die Investitionen sollen Teil weiterer Maßnahmen gegen den drastischen Wirtschaftsabschwung sein. Die Koalition will noch im Januar ein zweites Konjunkturpaket beschließen.

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<Kritik an Merkels Vorstoß zum "Aufbau West"
Für Verärgerung bei der SPD sorgte Merkel mit ihrem Vorstoß, Westdeutschland bei Infrastrukturprojekten besonders zu fördern. "Eine Priorisierung des Westens ist nicht sinnvoll", sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Klaas Hübner, der "Berliner Zeitung". Ostdeutschland habe in manchen Feldern gerade einmal den Anschluss an den Westen geschafft. "Es wäre falsch, jetzt wieder den alten Vorsprung des Westens herzustellen."
Merkel hatte dem Magazin "Cicero" gesagt: "Wenn wir in der Bundesregierung finanzielle Anreize zur Förderung von Investitionen in den Blick nehmen, wird es eine Rolle spielen, dass der Westen seit der Wiedervereinigung relativ hinter dem Osten zurückstehen musste. Der Westen ist jetzt verstärkt am Zuge."
Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), forderte im Vorfeld des Treffens ein milliardenschweres Sanierungsprogramm des Bundes für Schulen und Hochschulen. Allein für Renovierungsarbeiten an den Schulen ließen sich nach Berechnungen des Deutschen Städtetages in den kommenden zwei Jahren rund neun Milliarden Euro sinnvoll einsetzen, sagte Burchardt. Auch in Hochschul-Hörsäle und Studentenwohnheime könnten "schnell und unbürokratisch" weit über drei Milliarden Euro investiert werden.
Ifo-Chef: Vier Millionen Arbeitslose wahrscheinlich
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte die Bundesregierung auf, rasch ein massives und zielgerichtetes Konjunkturprogramm aufzulegen. Dafür müsse man auch eine deutliche Erhöhung der Neuverschuldung in Kauf nehmen, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske.
Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, erwartet angesichts der Wirtschaftskrise 500.000 zusätzliche Arbeitslose im kommenden Jahr. "Wir rechnen insgesamt mit etwa einer halben Million zusätzlicher Arbeitsloser bis zum Dezember 2009. "2010 dürfte die Arbeitslosigkeit die Vier-Millionen-Marke überschreiten", sagte Sinn der "Rheinischen Post".