Konstituierende Sitzung Bundestag wählt Lammert erneut zu seinem Präsidenten

Während in der Regierung rege gewechselt wird, ist der alte auch der neue Bundestagspräsident: Das frisch gewählte Parlament bestätigte bei seiner konstituierenden Sitzung Norbert Lammert im Amt. Bei seiner Antrittsrede ging der CDU-Politiker mit ARD und ZDF hart ins Gericht.

Präsident des Bundestages bleibt der CDU-Politiker Norbert Lammert. Für den 60-Jährigen stimmten am Mittag in Berlin 522 Abgeordnete, 66 votierten mit Nein, 29 enthielten sich. Damit lag sein Ergebnis niedriger als vor vier Jahren. 84,6 Prozent stimmten für Lammert, verglichen mit 93,1 Prozent. 2005 hatte Lammert allerdings das zweitbeste Ergebnis seit 1949 erreicht. Nur Hermann Ehlers hatte 1953 mit 93,2 Prozent besser abgeschnitten.

Lammert ist seit sieben Jahren im Präsidium des Bundestags, zunächst als Vize, seit vier Jahren als Präsident. Nach dem Bundespräsidenten ist sein Amt offiziell das zweithöchste in der Republik. Lammert nahm die Wahl an und nannte sie eine hohe Auszeichnung sowie große Verpflichtung. "Das eine ist mir so bewusst wie das andere." Er freue sich, dass sein Bemühen Anerkennung gefunden habe, das Amt so überparteilich wie möglich zu führen. Gleichzeitig bat Lammert um Unterstützung bei den Bemühungen "für eine weitere Verbesserung der parlamentarische Arbeit."

Kritik an Programmwahl von ARD und ZDF

In seiner Antrittsrede übte Lammert scharfe Kritik an den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern. So prangerte er an, dass ARD und ZDF statt der konstituierenden Sitzung des Bundestags einen Spielfilm oder Telenovelas zeigten. "Mir fehlt jedes Verständnis, dass ein gebührenpflichtiges Fernsehen, das dieses üppig dotierte Privileg allein seinem besonderen Informationsauftrag verdankt, auch an einem Tag wie heute mit einer souveränen Sturheit der Unterhaltung Vorrang vor der Information einräumt", sagte der CDU-Politiker. Allerdings übertrug der öffentlich-rechtliche Nachrichtensender Phoenix die Sitzung.

Unter dem Beifall der Abgeordneten führte der Bundestagspräsident aus, dass die ARD die Komödie "Schaumküsse" zeigte, während das ZDF Folgen der Serie "Alisa - Folge Deinem Herzen" und "Bianca - Wege zum Glück" ausstrahle. Diese Programmentscheidungen seien "im wörtlichen Sinne bemerkenswert", sagte Lammert. Natürlich seien die Chefredaktionen frei in ihrer Entscheidung, fügte Lammert hinzu, kündigte zugleich aber an, bei "jeder ähnlichen Gelegenheit" künftig erneut auf das Thema hinzuweisen.

Lammert ist katholisch, verheiratet und Vater von vier Kindern. Zur politischen Karriere hat er sich nach eigenem Bekunden erst entschlossen, "nachdem ich einsehen musste, dass meine Begeisterung für Musik und Fußball als Grundlage für einen Beruf vermutlich nicht ausreichen würde". So studierte der Bäckersohn aus Bochum Politikwissenschaft, Soziologie und Neuere Geschichte. Er promovierte 1975 als Sozialwissenschaftler.

Große Koalition ist Geschichte

Einen Monat nach der Wahl war der 17. Deutsche Bundestag zuvor zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengetreten. In dem Parlament haben Union und FDP als künftige Regierungspartner eine Mehrheit von 332 Stimmen unter den insgesamt 622 Abgeordneten. Der CDU-Politiker und ehemalige Forschungsminister Heinz Riesenhuber eröffnete am Vormittag die erste Sitzung der neuen Legislaturperiode. Der 73-Jährige ist Alterspräsident der neuen Kammer und war von 1982 bis 1993 unter dem früheren Bundeskanzler Helmut Kohl Minister für Forschung und Technologie.

Am Nachmittag war die Große Koaltion dann auch offiziell Geschichte. Bundespräsident Horst Köhler händigte den 15 Bundesministern und Kanzlerin Angela Merkel ihre Entlassungsurkunden aus. Die Zeremonie fand im Berliner Schloss Bellevue statt, dem Amtssitz des Staatsoberhaupts. Endgültig aus dem Kabinett ausgeschieden sind nun die acht SPD-Minister Frank-Walter Steinmeier, Brigitte Zypries, Olaf Scholz, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Peer Steinbrück, Ulla Schmidt sowie Wolfgang Tiefensee und Sigmar Gabriel.

Dieser Akt hat den Weg für die neue Regierung freigemacht, die am Mittwoch vereidigt werden soll. Das neue schwarz-gelbe Bündnis war am Montagabend mit der Unterzeichnung des 124-seitigen Koalitionsvertrages mit dem Titel "Wachstum. Bildung. Zusammenhalt" besiegelt worden.

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Reuters/AP/DPA/AFP