Krisensitzung in Berlin FDP verspricht höheres Reformtempo

Weiter so, nur schneller: Das ist das Ergebnis der FDP-Krisensitzung in Berlin. Um in den Umfragen wieder nach oben zu kommen, wollen die Liberalen lediglich "das Tempo der Reformen erhöhen".

Die FDP will das Reformtempo der schwarz-gelben Koalition erhöhen. Das haben die Spitzen von Partei und Fraktion bei einer vierstündigen Sondersitzung am Sonntagabend in Berlin vereinbart. Dabei ging es um den Absturz der Partei in den Umfragen und die Dauerkritik aus der Union an zentralen Vereinbarungen des Koalitionsvertrags.

Man sei "gemeinsam der Meinung, dass wir die Richtung beibehalten wollen, aber das Tempo der Reformen erhöhen müssen", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Rande der Krisensitzung im Reichstagsgebäude. Man wolle "schneller als bisher geplant die weiteren Vorhaben der Koalition konkretisieren". Auch Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) erklärte: "Wir werden mehr auf unsere Positionen achten und eine Stufe härter schalten."

Die FDP will vor allem ihre Pläne für die große Steuerreform bereits zum Bundesparteitag Ende April vorlegen. Man wolle damit vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen deutlich machen, "was auf die Wähler, wenn wir das verantworten können, zukommt", sagte Parteivize Andreas Pinkwart am Montag. Die Liberalen gehen damit auf Distanz zu dem Stillhalteabkommen in dieser Frage, das die drei Parteichefs der Koalition vor drei Wochen mühsam gefunden hatten. Damals hatten Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle vereinbart, dass konkrete Zahlen über Steuerentlastungen und Sparmaßnahmen zur Gegenfinanzierung erst nach der Steuerschätzung Anfang Mai genannt werden sollen.

"Wir wollen Tempo machen"

Die Krisensitzung der FDP stand unter dem Zeichen herber Verluste in Meinungsumfragen. Die Partei hatte bei der Bundestagswahl Ende September knapp 15 Prozent erreicht und liegt derzeit lediglich bei acht Prozent. Grund für die Sitzung war auch der Vorstoß von FDP-Vize Andreas Pinkwart zur Abschaffung der Mehrwertsteuer-Senkung für Hotels. Pinkwart hatte damit im Parteipräsidium einen Eklat ausgelöst. Auch die öffentliche Debatte über Spenden in Millionenhöhe aus der Hotelbranche setzte der Partei schwer zu.

In Nordrhein-Westfalen, wo im Mai ein neuer Landtag gewählt wird, wollen die Liberalen die Stimmung mit einem verschärften Kurs der Eigenständigkeit zu ihren Gunsten wenden. Die FDP liegt dort in Umfragen bei sechs Prozent, strebt aber zehn Prozent plus X an. NRW-Landesparteichef Pinkwart sagte nach der Sitzung: "Wir wollen Tempo machen, damit es wieder bergauf geht mit Deutschland - das ist die Botschaft des heutigen Abends."

Westerwelle droht der CSU

Verärgerung herrscht bei den Liberalen auch wegen der Dauerkritik aus der Koalition an Gesundheitsminister Rösler. Zudem sorgt Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) für Streit, der vor einer deutlich längeren Nutzung der Atomkraft gewarnt hatte. Westerwelle bezeichnete diese Haltung als "absolut schweren Fehler".

Noch vor der FDP-Sitzung hatte sich neuer Koalitionsärger in der Steuersenkungsdebatte angebahnt. Nicht nur die CSU, sondern auch NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ging auf Distanz zur FDP. FDP-Chef Westerwelle drohte der CSU mit einer harten Reaktion, falls sie ihre Kritik nicht mäßige. Ansonsten werde die FDP ihre "Politik für eine Stärkung der Familien und eine Entlastung des Mittelstandes fortsetzen".

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