Kritik von Grünen und Linke Niebel glaubt nicht an Entwicklungshilfe-Ziel

Entwicklungsminister Dirk Niebel hat das Ziel infrage gestellt, die Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen. Auch das Zwischenziel, in diesem Jahr 0,51 Prozent zu erreichen, "werden wir verfehlen", sagte der FDP-Politiker dem "Hamburger Abendblatt".

Entwicklungsminister Dirk Niebel hat das Ziel infrage gestellt, die Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen. Auch das Zwischenziel, in diesem Jahr 0,51 Prozent zu erreichen, "werden wir verfehlen", sagte der FDP-Politiker dem "Hamburger Abendblatt". SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles nannte Niebel daraufhin untragbar. Die Grünen sprachen daraufhin von einem Skandal, die Linken nannten Niebels Entwicklungspolitik eine Farce. Auch aus der Union kam Kritik.

"Wir müssen mit unseren Partnern diskutieren, ob das Volumen oder die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe die entscheidende Größe ist", argumentierte Niebel. "Ich halte die Wirksamkeit für entscheidend." Die Bundesregierung stehe zu dem 0,7-Prozent-Ziel, doch werde es "sehr sportlich, es zu erreichen". Um auf die 0,51 Prozent in diesem Jahr zu kommen, "hätte der Entwicklungsetat um dreieinhalb Milliarden Euro aufgestockt werden müssen. Dieses Geld hätte mir Finanzminister Schäuble niemals gegeben", sagte Niebel. Im Haushaltsausschuss des Bundestages sei nun eine Steigerung um etwa 250 Millionen Euro vereinbart worden. Damit liege der Entwicklungshaushalt für 2010 bei 6,1 Milliarden Euro.

Niebel brach am Wochenende zu einer einwöchigen Reise nach Vietnam und Kambodscha auf. Er wolle sich in zwei wichtigen Partnerländern davon überzeugen, "wie unsere Unterstützung dazu beiträgt, mit wirtschaftlichem Fortschritt die Verbesserung der Lebenssituation auf breiter Basis nachhaltig zu verbinden", erklärte er. Beide Länder hätten nach Krieg und Zerstörung bemerkenswerte Fortschritte gemacht: Vietnam erreiche bald den Status eines Landes mit mittlerem Einkommen. Kambodscha zähle zwar noch zu den ärmsten Ländern, habe jedoch im vergangenen Jahrzehnt kontinuierliches Wachstum und damit eine deutliche Reduzierung der Armut erreicht.

Die Ankündigung Niebels, dass das 0,7-Prozent-Ziel schwer erreicht werde, stieß auch in der Union auf Kritik. "Wir sollten an dem Ziel festhalten, die deutsche Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen", mahnte der entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Holger Haibach. "Ich halte nichts davon, dieses Ziel, das auch im Koalitionsvertrag festgehalten wurde, voreilig zu relativieren, zumal es auch zu erreichen ist".

Nahles erklärte, mit seinen Plänen breche Niebel "gleich mehrere internationale Zusagen", die die Bundesregierung bei mehreren EU- und UN-Gipfeltreffen getroffen hat. "Dieser Minister hat keinerlei Verständnis von und für sein Amt und ist einfach untragbar!", sagte sie in Berlin.

Grünen-Entwicklungsfachmann Uwe Kekeritz sagte, die Bundesregierung bestrafe damit "die Ärmsten der Armen für die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise". Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten müsse Deutschland zu der Zusage stehen. "Bekämpfung von Hunger, Reduzierung der Kinder- und Müttersterblichkeit und Zugang zu Behandlung für HIV-Infizierte sind keine Luxusausgaben, an denen nach Belieben gespart werden kann."

Niema Movassat von der Linksfraktion kritisierte, Niebel wandele das Entwicklungsministerium "schrittweise zu einem Mix aus Verteidigungs- und Wirtschaftsministerium um". Das "Ziel muss weiter gelten - es ist das Mindestversprechen an die Ärmsten der Armen. Es passe ins Bild, dass "Niebel deutsche Firmen bei Investitionen in Vietnam und Kambodscha unterstützen will und einen Militär in die Führungsspitze des Entwicklungsressorts berufen hat".

APN
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