Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern Rechtsextremisten haben im Nordosten Fuß gefasst

Die NPD behauptet sich in Mecklenburg-Vorpommern: Trotz deutlicher Verluste konnten die Rechtsextremisten erneut in den Schweriner Landtag einziehen. Ministerpräsident Erwin Sellering beklagt sich deshalb auch über mangelnde Unterstützung aus dem Westen.

In den Jubel der SPD-Anhänger über den Wahlsieg mischten sich am Sonntagabend kurzzeitig Buhrufe - das war in jenen Momenten, in denen sich abzeichnete, dass die NPD erneut in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern einziehen würde. Auch auf den Wahlpartys anderer Parteien drückte das Ergebnis der Rechtsextremen zumindest vorübergehend die Stimmung. Schließlich hatten sie sich vorgenommen, einen Wiedereinzug der NPD in den Landtag unbedingt zu verhindern. NPD-Landeschef Stefan Köster stand umso deutlicher die Genugtuung ins Gesicht geschrieben: "Wir sind unangenehm und werden das bleiben", kündigte er forsch an.

Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) beklagte sich dagegen noch in der Stunde seines Wahltriumphs über mangelnde Unterstützung aus dem Westen bei der Bekämpfung der Rechtsextremen. Sein Land führe "einen Stellvertreterkrieg", gegen eine NPD, die im Nordosten sehr viel Geld und Personal eingesetzt habe, um dort Fuß zu fassen, klagte er.

Die gemeinsame Frontstellung der anderen Parteien in Mecklenburg-Vorpommern gegen die NPD in den vergangenen fünf Jahren hat nicht gereicht, um den Rechtsextremisten die Rückkehr in den Landtag zu verbauen. Zwar rutschte die NPD im Vergleich mit 2006 um 1,3 Prozentpunkte ab. Mit 6,0 Prozent schaffte sie aber immer noch klar den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Was die Rechtsextremen besonders freuen dürfte, sind ihre hohen Zahlen in einzelnen Wahlkreisen und -lokalen: In Wahllokal 6602 in Ueckermünde stimmten 30,6 Prozent für die Rechtsextremen, auch auf der Urlaubsinsel Usedom und in Anklam überschritten sie teilweise die 20 Prozent-Marke.

In keinem der insgesamt 36 Wahlkreise im Land blieb die NPD unter fünf Prozent; im Osten des Landes landete sie in vier Wahlkreisen zwischen 11,3 und 15,4 Prozent. Damit zahlt sich für die Rechtsextremen ihr intensives Engagement im Nordosten aus. Unterstützt von den "Freien Kameradschaften", denen viele einheimische junge Männer angehören, gelang es ihnen, sich besonders in Vorpommern zu etablieren. Nach Erkenntnissen der Wahlanalytiker der ARD wählten besonders viele Erstwähler die NPD. In dieser Gruppe liegen sie - nach der SPD mit 23 Prozent - gleichauf mit Linken und Grünen bei 14 Prozent.

Bei genauerer Betrachtung ist der Erfolg der NPD allerdings ein sehr relativer: In absoluten Zahlen verlor sie im Vergleich zu 2006 rund ein Drittel an Wählerstimmen - was sich wegen der insgesamt gesunkenen Wahlbeteiligung nicht ebenso deutlich in Prozentpunkten niederschlägt. Statt rund 60.000 Stimmen für die Rechtsextremen waren es diesmal nur noch gut 40.000. Nach bisherigem Stand schmilzt die Zahl der NPD-Abgeordneten im Landtag von sieben auf fünf. Schneidet die Partei in einer ausstehenden Nachwahl am 18. September in einem Wahlkreis auf Rügen deutlich schlechter ab als am Sonntag, könnten am Ende sogar nur vier Abgeordnete übrig bleiben.

Der Gegenwind gegen die NPD im Nordosten war in den vergangenen Jahren heftig - nicht nur aus Richtung der anderen Parteien, sondern auch aus der Gesellschaft. Zuletzt hatte eine Initiative aus Kirchen, Gewerkschaften und Unternehmensverbänden in 840.000 kostenlos verteilten Zeitungen für die Wahl demokratischer Kandidaten geworben. Die Jusos plakatierten ihren satirischen "Storch Heinar" und zogen mit Spottgesängen auf die Rechtsextremen durch Land. Und Rostocker Hoteliers appellierten vor der Wahl an die Wähler, nicht für die NPD zu stimmen, weil dies dem Image der Region schade.

Nach Einschätzung Sellerings muss aber nun Unterstützung von Außen hinzukommen, um die NPD und ihr "Gedankengift" in Mecklenburg-Vorpommern wirksam zu bekämpfen. Noch am Wahlabend forderte er einen neuen Anlauf für ein Verbot der Partei. Ein solches Verbotsverfahren war aber 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert - weshalb Sellering trotz des NPD-Abschneidens am Sonntag mit vielen skeptischen Reaktionen auf seine Forderung rechnen muss.

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Andreas Frost, AFP