Der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Ottmar Schreiner, warnte in der "Bild am Sonntag" "vor einer Dämonisierung oder Verhetzung der Linkspartei". Es wäre völlig verfehlt, jetzt schon Festlegungen zu irgendwelchen Bündnissen zu treffen, sei es zu einer großen Koalition oder einem Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei: "Alles ist offen, es sind noch zwei Monate Zeit", betonte Schreiner.
Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Sigrid Skarpelis-Sperk betonte: "Sollten Union und FDP keine Mehrheit erzielen, wird man neben Schwarz-Rot auch Rot-Rot-Grün in Betracht ziehen." Die Parlamentarierin ließ dabei eine Präferenz für die zweite Variante erkennen: "Eine große Koalition stärkt radikale Kräfte am linken und rechten Rand." Zur klaren Absage der SPD-Spitze an ein Bündnis mit der Linkspartei sagte Skarpelis-Sperk, momentan werde so manches kategorisch ausgeschlossen: "Aber ich bin mir sicher: In der Wahlnacht kommt alles auf den Prüfstand."
Schröder: Bin kein Juniorpartner in möglicher großer Koalition
Bundeskanzler Gerhard Schröder steht nach eigenen Worten nicht als Juniorpartner einer großen Koalition nach der Bundestagswahl zur Verfügung. "In meinem politischen Leben war ich noch nie Juniorpartner", sagte Schröder der "Bild"-Zeitung vom Samstag auf eine entsprechende Frage. Er lehnte Spekulationen für die Koalitionsbildung nach der für den 18. September geplanten Wahl ab, verwies aber auf die erfolgreiche Koalition mit den Grünen. Dagegen bekräftigte der Kanzler seine Absage an ein Bündnis mit der Linkspartei aus PDS und der SPD-Abspaltung WASG. Der in Umfragen vor allem im Osten starken Linkspartei warf er vor, Vorurteile zu schüren. Mit ihren beiden Spitzen Oskar Lafontaine und Gregor Gysi lohne eine politische Auseinandersetzung nicht.
Schröder wollte sich nicht zur Frage äußern, ob durch die Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht die Wahl im September in Gefahr sei. "Es wäre wirklich ein Fehler, wenn ich jetzt darüber spekulieren würde", zumal er daran nicht direkt beteiligt sei. "Das Verfassungsgericht hat zu urteilen, ob die Entscheidung des Herrn Bundespräsidenten rechtens ist." Bundespräsident Horst Köhler hatte am Donnerstagabend auf Vorschlag Schröders den Bundestag aufgelöst und für den 18. September Wahlen angesetzt. Gegen das Votum, mit dem er Schröders umstrittenes Vorgehen bei der Vertrauensfrage im Bundestag als verfassungsgemäß akzeptierte, wollen in der kommenden Woche zwei Abgeordnete klagen.
Mit Blick auf die Linkspartei und den Wahlkampf in den neuen Ländern verwies Schröder auf wirtschaftliche Erfolge im Osten: "Es ist viel geschehen in den neuen Ländern." Die SPD startete am Wochenende ist ostdeutschen Zeitungen eine Anzeigenkampagne, in der sie ihre Politik den Plänen der Linkspartei sowie der Union und FDP gegenüber stellt. Die Linkspartei lag im jüngsten ZDF-"Politbarometer" in der politischen Stimmung in Ostdeutschland an der Spitze der Parteien. Vor allem in der CDU gibt es eine intensive Diskussion darüber, ob die Partei einen speziellen Ost-Wahlkampf führen sollte.
Kuhn findet Reaktionen auf Linkspartei überzogen
Der Grünen-Wahlkampfmanager Fritz Kuhn hat Union und SPD taktisches Fehlverhalten gegenüber der neuen Linkspartei vorgeworfen. Er sehe die Gefahr, dass die Volksparteien mit überzogenen Reaktionen sogar noch Wahlwerbung für das neue Bündnis machten, sagte Kuhn der "Berliner Zeitung": "Wir nehmen die Linkspartei ernst, aber wir hysterisieren sie nicht." Die Grünen sähen in dem Bündnis von Oskar Lafontaine und Gregor Gysi eine politische Konkurrenz, aber keinen Skandal. Daher werde "inhaltlich klare Kante" gegen die Linkspartei gezeigt, die zumindest in der Innenpolitik gar nicht linke, sondern reaktionäre Positionen vertrete, sagte Kuhn.