Es hat lange gedauert, aber seit Anfang des Jahres gibt es sie nun doch: Die Lkw-Maut. In Berlin hat Verkehrsminister Manfred Stolpe am Montag eine erste technische und finanzielle Bilanz gezogen. "Nach 100 Tagen Maut können wir sagen, dass die Maut nun doch eine Erfolgsgeschichte geworden ist," sagte er. Technisch sei von Anfang an alles störungsfrei verlaufen, zudem seien in den ersten drei Monaten des Jahres insgesamt 661 Millionen Euro eingenommen worden, sagte Stolpe. Er sei optimistisch, dass auch das Einnahmenziel für das Gesamtjahr erreicht werde. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr die prognostizierten 3 Milliarden Euro Einnahmen erreichen werden", sagte er.
Regierung ringt um Imagekorrektur
Stolpe ist um eine Image-Korrektur in Sachen Maut bemüht. Die Einführung der Lkw-Maut war eine Aneinanderreihung von Pleiten und Pannen - Kritiker unkten sogar, das Desaster stünde stellvertretend für den Wirtschaftsstandort Deutschland schlechthin. Stolpe geht es nun darum, das Projekt in eine Erfolgsgeschichte umzuinterpretieren.
Bisher wird die Maut nur auf Bundesautobahnen erhoben. Mautpflichtig sind Lkw ab zwölf Tonnen zulässiges Gesamtgewicht. Durchschnittlich muss ein Lkw 12,4 Cent pro Autobahnkilometer zahlen, die Höhe der Mautgebühr orientiert sich an Schadstoffklassen.
Ein besonderes Augenmerk will Stolpe künftig auf "Mautpreller" richten - jene Spediteure also, die darauf abzielen, dass ihre Lkw nicht von dem Maut-System erfasst werden, in dem sie etwa auf mautfreie Bundes- oder Landesstraßen ausweichen.
Expertengruppe legt im Juni konkrete Pläne vor
Stolpe sagte, um die Mautpreller zu fassen, würden die Kontrolleure des Bundesaufsichtsamts für Güterverkehr die Überprüfung des Schwerlastverkehrs auf Bundesstraßen verstärken. Auch die Länder hätten für die Landstraßen eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten wie Geschwindigkeits- und Gewichtskontrollen oder Nachtfahrverbote und Umleitungen des Schwerverkehrs, sagte der Minister. Bereits in der vergangenen Woche hatten sich Bund und Länder darauf geeinigt, dass ab 2006 jene Bundesstraßen einer Lkw-Mautpflicht unterliegen sollen, die von Spediteuren dauerhaft als Ausweichstrecken genutzt würden. Stolpe sagte, eine Bund-Länder-Expertengruppe werde im Juni konkrete Pläne dafür vorlegen, welche Ausweichstrecken künftig bemautet werden sollen.
Verbraucherverbände dringen auf Ausweitung der Maut
Dem Bündnis "Allianz pro Schiene" gehen diese Schritte nicht weit genug. Michael Gehrmann, Bundesvorsitzender des Verbraucherverbandes VCD, forderte, die Mautpflicht grundsätzlich auszuweiten: "Seit Einführung der Maut weichen LKW auf Bundes- und Landesstraßen aus. Das untermauert die Forderung, die Mautpflicht auf das gesamte Straßennetz auszuweiten. Die Verkehrsministerkonferenz hat dieses zwar für die betroffenen Bundesstraßen beschlossen. Doch das wird nur dazu führen, dass die Probleme weiter auf das untergeordnete Straßennetz verlagert werden". Das Bündnis forderte eine Ausweitung der Maut auf alle Straßen und alle Lkw ab 3,5 Tonnen sowie eine schrittweise Erhöhung der Gebühr. Der Allianz zur Förderung des Schienennetzes gehören 15 gemeinnützige Verbände an, darunter Umwelt- und Verbraucherverbände, Automobilclubs und Verkehrsgewerkschaften. Sie haben ein Interesse daran, dass der Verkehr auf der Straße möglichst teuer wird, um die Spediteure so zu zwingen, auf die Schiene auszuweichen.
In der Erklärung der Allianz wird auf Berichte verwiesen, nach denen bereits gezielt 11,99 Tonnen schwere Lkw auf den Markt kommen, um die Maut zu umgehen. In einer Stellungnahme zum Ergebnis der ersten 100 Maut-Tage drang der Geschäftsführer des Schienenbündnisses, Dirk Flege, am Montag in Berlin darauf, die Maut-Einnahmen neben der Sanierung des Straßennetzes zwingend für die Modernisierung des Schienennetzes einzusetzen.