In Deutschland lebt nach Angaben von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich eine dreistellige Zahl von Neonazis im Untergrund. "Das Bundeskriminalamt geht mit Stand von Mitte September von zuletzt 110 mit offenen Haftbefehlen untergetauchten Rechtsextremisten aus", sagte der CSU-Politiker. Diese Zahl könne sich mittlerweile durch Verhaftungen oder neu hinzugekommene Haftbefehle verändert haben.
Sein Ministerium habe die Länder nach offenen Haftbefehlen abgefragt und diese Zahlen würden nun halbjährlich aktualisiert. Ein klares Bild über den jeweils aktuellen Stand beim Untertauchen von Rechtsextremisten gibt es jedoch offenbar nicht: Die Justiz melde nicht, was mit Angeklagten und Verdächtigen nach den Prozessen passiere, sagte Friedrich. "Auch hier müssen wir die Kommunikation verbessern." Um einen "starken Verfassungsschutz" zu garantieren, sei außerdem die "maximale Kommunikation" der Landesämter für Verfassungsschutz mit dem Bundesamt sein wichtigster Ansatz, sagte Friedrich. Dazu gehöre auch eine gute Kommunikation zwischen der Kriminalpolizei und den Nachrichtendiensten.
Auch die erst nach dem Selbstmord der beiden mutmaßlichen Haupttäter bekanntgewordene Mordserie an neun Ausländern und einer deutschen Polizistin ging auf das Konto untergetauchter Extremisten, die sich als "Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)" bezeichnet hatten. Auf die Frage, ob es Nachahmer des NSU geben könnte, sagte Friedrich: "Nachahmer, die wahllos Leute erschießen und davon nichts verlautbaren, erwarte ich nicht. Aber dass es im rechtsextremistischen Milieu immer wieder fließende Übergänge zu gewalttätigen und terroristischen Strömungen geben kann, halte ich für möglich."