Nach Rückkehr aus Südamerika Westerwelle holt zum Gegenschlag aus

Viel wurde in der vergangenen Woche über Außenminister Guido Westerwelle und sein Gebaren auf Dienstreisen geredet. Nun ist der FDP-Chef wieder im Lande - und redet selbst. Der Opposition wirft er Verleumdungskampagnen vor, seine Partei-Freunde halten zu ihm.

Kaum hatte Außenminister Guido Westerwelle wieder deutschen Boden unter den Füßen, nutze er die ihm entgegen gestreckten Mikrofone zum Gegenangriff. Er setzte sich - noch auf dem Flughafen Tegel - gegen die seiner Meinung nach durchsichtige Kampagne der Opposition zur Wehr. "Jetzt bin ich wieder in Deutschland. Wer glaubt, dass er mit solch einer Verleumdungskampagne eine linke Mehrheit in Nordrhein-Westfalen stricken kann, unterschätzt die Klugheit unserer Bürger."

Die Reise, die Westerwelle nach Chile, Argentinien, Uruguay und Brasilien geführt hatte, war von der Debatte über eine Verquickung privater und dienstlicher Interessen überschattet worden. Westerwelle sagte nach seiner Rückkehr: "Bei diesen sehr hochrangigen Gesprächen haben diese parteipolitischen Kampagnen in Deutschland überhaupt keine Rolle gespielt", sagte Westerwelle.

Am Sonntag will Westerwelle auf dem nordrhein-westfälischen FDP-Landesparteitag in Siegen auftreten. Der Landesvorsitzende Andreas Pinkwart wies am Samstag vor den Delegierten die Kritik an Westerwelle zurück und sagte, dabei stehe die ganze Partei zusammen.

Engagement für Wirtschaft sei selbstverständlich

Westerwelle wird vorgeworfen, er begünstige auf Auslandsreisen der FDP wohlgesinnte Unternehmen und Familienmitglieder. Medienberichten zufolge gehörte zu der Wirtschaftsdelegation, die Westerwelle im Januar nach Asien begleitete, auch eine Firma, an der Westerwelles Bruder Kai beteiligt sein soll. Zudem wird Westerwelles Lebenspartner Michael Mronz vorgeworfen, er nutze Auslandsreisen mit dem Minister zur Anbahnung privater Geschäfte. Es gebe im Auswärtigen Amt ein eingespieltes Verfahren zur Auswahl von Delegationsgästen, sagte Westerwelle der "Welt am Sonntag".

Auch an seinem Eintreten für deutsche Unternehmen wurde Anstoß genommen, aber auch dafür hatte Westerwelle eine Erklärung parat. Der Minister sagte der "Wirtschaftswoche", in anderen Ländern sei es ganz selbstverständlich, dass sich der Außenminister für die heimische Wirtschaft engagiere. "Der linke Zeitgeist hält Geschäftemachen für fragwürdig. Die Gesellschaft muss sich daran gewöhnen, dass das künftig anders ist", erklärte Westerwelle.

FDP-Freunde verteidigen Westerwelle

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sprang seinem Chef zur Seite, forderte, die persönliche Verbindung von Politikern und Geschäftsleuten zu akzeptieren. "Es ist eben eine Realität, dass Spitzenpolitiker persönliche Netzwerke haben", sagte Lindner dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntagausgabe). Auch der ehemalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe einen befreundeten Anwalt zu elf Reisen eingeladen. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", mit dem Vorwurf der Günstlingswirtschaft inszeniere die Opposition ein durchsichtiges innenpolitisches Spektakel. "Um Ihre eigene Konzeptionslosigkeit zu vertuschen, nimmt sie die dauerhafte Beschädigung der politische Kultur billigend in Kauf."

Unterstützung bekommt der FDP-Chef auch vom Fraktionsvorsitzenden der FDP im Landtag von Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki. "Ich bin empört und entsetzt darüber, wie mit Guido Westerwelle umgegangen wird", sagte Kubicki der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Es sei eine Kampagne gegen Westerwelle im Gange, die allmählich existenzvernichtende Qualität bekomme. "Hier soll ein Mensch nicht nur politisch, sondern auch persönlich vernichtet werden", sagte Kubicki der "FAS".

Kritik von allen Oppositionsparteien

Rolf Mützenich, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sagte im Sender NDR Info: "Ich habe den Eindruck, dass Herr Westerwelle es nicht geschafft hat, jeden Anschein von Interessenkollision zu vermeiden, und da sind ja wohl Nachfragen erlaubt." Zum Beispiel sei es bei der Asienreise auffallend gewesen, dass eine Firma aus seinem persönlichen Umfeld dabei gewesen sei.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach von Günstlingswirtschaft: "Herr Westerwelle betreibt hemmungslos Parteipolitik. Er weiß nicht, was sich gehört. Und er verquickt private Geschäftsinteressen seiner Familie mit deutscher Außenpolitik."

Der stellvertretende Vorsitzende der Linken, Klaus Ernst, warf Westerwelle eine "einseitige Ausrichtung der Außenpolitik auf Wirtschaftsinteressen" vor. Es sei bezeichnend, dass der Minister während seiner Südamerika-Reise nicht zu Demokratie- und Menschenrechtsfragen Stellung bezogen habe. "Ein deutscher Außenminister hätte auch den Opfern dieser Diktaturen öffentlich Respekt zollen müssen, anstatt sich nur mit der einheimischen Wirtschaft zu treffen", erklärte Ernst.

APN/AFP