Einst war Nürnberg der Ort, wo Rassengesetze verabschiedet und Reichsparteitage abgehalten wurden. Bis heute hadert die Stadt mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit – und setzt Zeichen dagegen, wo sie nur kann. Dass nun der umstrittene Metal-Sänger Phil Anselmo zusammen mit seiner Band Pantera bei den Musikfestivals Rock am Ring und Rock im Park noch dazu auf dem ehemaligen Reichstagsgelände auftreten will, passt nicht zum Leitspruch Nürnbergs – der "Stadt des Friedens und der Menschenrechte". Das sehen zumindest die Grünen im Nürnberger Stadtrat so. Sie hoffen, dass der Sänger samt seiner Band von dem Musikfestival ausgeladen wird.
Hintergrund ist ein Auftritt Anselmos von 2016. Damals war der Sänger mit einem Hitlergruß öffentlich in Verruf geraten. Bei dem sogenannten "Dimebash", das die Gruppe für ihren verstorbenen Gitarristen abhielt, schrie Anselmo zudem "White Power" in die Menge. Deshalb durfte der Sänger 2019 bereits nicht im neuseeländischen Auckland auftreten.
Phil Anselmos Entschuldigung eine "Verharmlosung"
Die Grünen im Nürnberger Stadtrat hoffen, dass Anselmo nun auch bei den Metalfestivals Rock am Ring und Rock im Park keine Bühne bekommt. "Es geht dabei nicht um Bashing der Band oder der Musik", sagt Réka Lörincz, Sprecherin für Vielfaltsgestaltung und Menschenrechte, gegen Rechtsextremismus und Rassismus in der Nürnberger Stadtratsfraktion der Grünen, dem stern.
Ihrer Partei ist die Entschuldigung nicht glaubwürdig genug. Der Metal-Sänger hatte das Handzeichen und den Ausruf als "Backstage-Witz" abgetan. "Wir deuten seine Entschuldigung eher als Verharmlosung. Da fehlte jede Einsicht, das finden wir sehr problematisch", sagt Lörincz.
Nürnberg sei ein Täter- und ein Bildungsort. Dass die Band, die sich vor 20 Jahren aufgelöst hatte, ausgerechnet auf dem Reichsparteitagsgelände ihre Reunion feiern will, "überschreitet deutlich die Grenze des Tragbaren", heißt es in einer Mitteilung der Grünen im Nürnberger Stadtrat. Sie fordern den Veranstalter des Festivals, Argo Konzerte GmbH, dazu auf, Pantera wieder auszuladen.
Grüne wollen gegen Rassismus auf Festivals vorgehen
Dieser hatte sich bereits per Instagram zu dem Fall geäußert. Die Festivals stünden für "Diversität, Toleranz, Gleichberechtigung und gegen jede Form von Diskriminierung". Die Metal-Band Pantera habe in Gesprächen versichert, "dass Phil Anselmos Verhalten von 2016 in keinem Fall die Ansichten der Band widerspiegelt". Eine stern-Anfrage ließ der Veranstalter bisher unbeantwortet.
Den Grünen in Nürnberg geht es aber nicht nur um Anselmo und dessen Band. "Wir arbeiten mit dem Veranstalter schon seit Jahren an unterschiedlichen Baustellen", sagt Lörincz. Diese reichten von der Müllentsorgung über die Nutzung von Mehrwegbechern bis zum Schutz vor sexualisierter Gewalt auf dem Festivalgelände. Zudem sei Anselmo kein Einzelfall. "Wir hatten in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit antisemitischen und rechtsextremen Rednern auf dem Festivalgelände."
Nun soll die Stadt Maßnahmen ausloten, wie so etwas künftig verhindert werden kann. Immerhin werden einige Veranstaltungen auch städtisch bezuschusst. Rassismus will man aber nicht unterstützen. Deshalb hat die Grünen-Fraktion in Nürnberg einen Antrag bei der Stadt gestellt. Über die genauen Maßnahmen müssten Juristen entscheiden, sagt Lörincz. Nachdem Pantera aber bereits in Auckland ausgeladen wurde, ist die Politikerin optimistisch, dass die Band oder zumindest Phil Anselmo nicht in Nürnberg auftreten wird.