Bundesinnenminister Thomas de Maizière sorgte mit seinem Vorstoß in der Flüchtlingspolitik für Verwirrung, syrischen Flüchtlingen in Deutschland künftig den Familiennachzug zu verweigern. Auch wenn die Bundesregierung inzwischen klargestellt hat, dass alles beim Alten bleibt, ist der Ärger bei SPD, Grünen und selbst in den eigenen Reihen groß. Nur die CSU springt dem Minister wie zu erwarten zur Seite.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der "Bild am Sonntag": "Der zuständige Bundesminister de Maizière hat Recht! Syrer bekommen zu Hunderttausenden bei uns Schutz, aber es muss der Status des sogenannten subsidiären Schutzes sein - das heißt zeitlich begrenzt und ohne Familiennachzug. Das ist die klare Position der CSU!"
Indessen empören sich SPD und Grüne. Allen voran der SPD-Parteivorsitzende Ralf Stegner.
In einem Interview mit dem "Deutschlandradio" forderte Stegner den Innenminister auf, die SPD nicht ständig zu "behelligen mit neuen Vorschlägen, die nicht verfassungskonform sind, die nicht human sind, die nicht praktikabel sind". Im Sender NDR Info fügte der SPD-Vize hinzu: "Herr de Maizière, es reicht".
Rücktrittsforderung
Die Berliner SPD kritisierte den Bundesinnenminister ebenfalls scharf: "Der Vorgang ist beispiellos, der Innenminister wirkt zunehmend desorientiert", sagte der Landesvorsitzende Jan Stöß dem "Tagesspiegel". Und Juso-Chefin Johanna Uekermann forderte den Rücktritt von de Maizière. "Bei der derzeitigen Situation in Syrien wäre die Begrenzung des Familiennachzugs mehr als zynisch. Wer Frauen und Kinder aus Kriegsgebieten derart im Stich lassen will, handelt unmenschlich", sagte Uekermann dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Innenminister Thomas de Maizière ist sich der großen Verantwortung seines Amtes offensichtlich nicht bewusst. Er ist nicht länger tragbar."
Grüne fürchten de Maizières desaströse Wirkung
Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast warf de Maizière vor, in der Flüchtlingsfrage unberechenbar zu handeln. Dem "Tagesspiegel am Sonntag" sagte sie: "Deutschland steht vor einer außerordentlich großen Aufgabe. De Maizière hat als Innenminister die zentralste Aufgabe neben der Kanzlerin. Seit Monaten allerdings verstärkt sich der Eindruck, dass er keine Hilfe ist, sondern eine Art 'lose Kanone', deren desaströse Wirkung wir langsam fürchten." Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, twitterte über "Vollchaos in der Regierung" und nennt den Vorgang eine Regierungskrise.
Die Grünen forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nun auf, sich von de Maizières Vorstoß eindeutig zu distanzieren. "Merkel kann kein Interesse daran haben, dass ihre Willkommensgeste vom September durch Leute aus den eigenen Reihen konterkariert wird", sagte Parteichefin Simone Peter. Sie forderte auch Aufklärung darüber, ob Kanzleramt und SPD von dem Vorgehen des Innenministers bei ihrem Spitzentreffen am Donnerstag gewusst hätten. Peter äußerte den Verdacht, dass die Dementis von de Maizière sowie zuvor von Regierungssprecher Seibert "nur eine vorübergehende Beruhigungspille" sein könnten. "Zu befürchten ist, dass dieser inhumane Akt in absehbarer Zeit doch Realität wird."
"Und deswegen bleibt es jetzt so wie es ist"
Im Wortlaut sagte Innenminister de Maizière zum Schutz von syrischen Flüchtlingen am Freitanachmittag: "Andere Staaten geben in solchen Lagen auch nur eine Sicherheit für einen Aufenthalt für eine begrenzte Zeit. Und das werden wir in Zukunft mit den Syrern auch tun, indem wir ihnen sagen: Ihr bekommt Schutz, aber den sogenannten subsidiären Schutz - das heißt zeitlich begrenzt und ohne Familiennachzug."
Am Abend ruderte er zurück: "Anfang der Woche hatten wir die Änderungen vorgesehen. Und im Blick auf die Entscheidungspraxis gestern gibt es jetzt Gesprächsbedarf. Und deswegen bleibt es jetzt so wie es ist."