Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) wird am Montagabend mit dem höchsten deutschen Verdienstorden ausgezeichnet (18 Uhr). Ihr wird von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das "Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Ausführung" verliehen. Steinmeier wird bei der Zeremonie auf Schloss Bellevue die Ansprache halten.
Was ist das für ein Orden?
Auf der Website des Bundespräsidenten heißt es zum Bundesverdienstkreuz: "Der Verdienstorden wird an in- und ausländische Bürgerinnen und Bürger für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen verliehen sowie darüber hinaus für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland, wie zum Beispiel im sozialen und karitativen Bereich." Vom meist "Bundesverdienstkreuz" genannten Orden gibt es acht Stufen. Ex-Kanzlerin Angela Merkel erhält die höchste Stufe des Bundesverdienstkreuzes, die Sonderstufe des Großkreuzes.

Wer hat das "Großkreuz in besonderer Ausfertigung" noch verliehen bekommen?
Dieser Orden in der höchsten Form wird äußerst selten verliehen. In der Geschichte der Bundesrepublik erhielten in bislang nur Merkels Amtsvorgänger Konrad Adenauer (1954) und Helmut Kohl (1998).
Welche Gäste werden erwartet?
An dem Festakt werden unter anderem auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilnehmen. Außerdem hat Merkel viel politische Weggefährten eingeladen: ihre früheren Kanzleramtschefs Thomas de Maizière, Ronald Pofalla, Peter Altmaier und Helge Braun, die frühere Bildungsministerin Annette Schavan und Merkels ersten SPD-Vizekanzler Franz Müntefering. Auf der Einladungsliste stehen zudem Merkels langjährige engste Mitarbeiterinnen Beate Baumann und Eva Christiansen sowie ihr früherer Regierungssprecher Steffen Seibert, heute Botschafter in Israel. Geladen ist auch Jürgen Klinsmann, der 2006, im ersten vollen Amtsjahr Merkels, Bundestrainer während der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland war.
Gibt es Kritik an der Auszeichnung der Ex-Kanzlerin?
Ja, sogar aus ihrer eigenen Partei. Kritik weckt seit Russlands Angriff auf die Ukraine vor allem Merkels Russland-Politik und der aus heutiger Sicht zu weiche Kurs gegenüber Präsident Wladimir Putin: "Angela Merkel sah Putin kritisch, aber sie wollte nie die komplette Konfrontation mit Russland. Sie versuchte immer, eine Form des Ausgleichs zu finden. Sie war immer der Meinung, Putin müsse eingebunden werden", sagt der CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Walz, Walser, Opernball – ein Rückblick in Äußerlichkeiten

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Carsten Linnemann sagte am Montag in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv, es sei offenkundig, dass Merkel "große Verdienste hat, gerade international". Sie habe aber natürlich "auch Fehler gemacht, sogar eklatante". Es müsse angesprochen werden, dass der Ausstieg aus der Kernkraft nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima "in der Form damals ein Fehler war", sagte Linnemann. Denn er sei erfolgt, "ohne zu sagen, wie wir uns einigermaßen autark mit Energie versorgen wollen". Auch in der Flüchtlingskrise seien "eklatante Fehler" gemacht worden, weil "wir die Grenzen nicht geschützt haben. Das gehört genau so offen angesprochen, wie das Positive."
Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bewertete Merkels Leistung als Regierungschefin skeptisch. "Am Ende ihrer Amtszeit war unser Land in keinem guten Zustand", sagte Djir-Sarai dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). 16 Jahre Einsatz auf dem Posten der Kanzlerin hätten zwar Respekt verdienten. "Aber historische Größe lässt sich in der Politik erfahrungsgemäß erst mit weiterem zeitlichen Abstand erkennen."

Wer unterstützt die Auszeichnung für Angela Merkel?
Die Parteichefs von SPD und Grünen äußerten sich dagegen lobend über Merkel. SPD-Chefin Saskia Esken sagte dem RND: "Meine besondere Wertschätzung gebührt ihrem diplomatischen Geschick und ihrer empathischen Klugheit, mit der es ihr auf nationaler wie auf internationaler Bühne immer wieder gelang, tragfähige Koalitionen und Kompromisse zu schmieden."

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Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte, Merkel habe "unser Land mit ihrer Kanzlerschaft wie nur wenige andere" geprägt. "Man muss nicht mit ihrem gesamten Wirken einverstanden sein, um ihre großen Verdienste anzuerkennen."
Weitere Quellen: Verdienstorden auf bundespraesident.de, "Faz.net" (Bezahlinhalt).