Recep Tayyip Erdogan wird bei dem G20-Gipfel in Hamburg neben US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin zu den schwierigeren Gästen zählen. Das Verhältnis des türkischen Präsidenten zu etlichen seiner Kollegen in der Hansestadt ist wegen einer Reihe ungelöster Konflikte angespannt. Auch gab es im Vorfeld Streit mit den deutschen Gastgebern um einen geplanten Auftritt Erdogans.
Streit um Auftritt in Deutschland
Wie bei früheren Besuchen in Deutschland wollte Erdogan auch dieses Mal vor seinen türkischen Landsleuten sprechen. Nachdem er im Frühjahr den deutschen Behörden "Nazi-Methoden" vorgeworfen hatte, weil sie Wahlkampfauftritte seiner Minister untersagt hatten, war die Bundesregierung aber nicht bereit, eine weitere Großkundgebung mit Erdogan hinzunehmen.
Um ähnliche Konflikte zu vermeiden, erließ die Bundesregierung ein allgemeines Auftrittsverbot vor Wahlen. Demnach will Berlin grundsätzlich keine Auftritte von Politikern aus Nicht-EU-Staaten mehr erlauben, wenn sie drei Monate vor eine Bundestagswahl oder eine Wahl im Heimatland stattfinden sollen. Dieses Verbot soll auch für Botschaften und Konsulate gelten. Ob Erdogan trotzdem versuchen will, in einer diplomatischen Vertretung der Türkei einen Auftritt zu organisieren, ist offen.
Vorwurf des Abdriftens in die Autokratie
Dass die Pläne für einen Auftritt in Deutschland auf solchen Widerstand stoßen, hängt auch damit zusammen, dass Erdogan seit dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli 2016 massiv gegen wirkliche oder vermeintliche Gegner in Militär, Politik und Medien vorgeht. Zehntausende wurden aus dem Staatsdienst entlassen, auch Journalisten und Wissenschaftler inhaftiert. Zudem hat er durch die Verhängung des Ausnahmezustands die Grundrechte stark eingeschränkt. Für viele Gegendemonstranten in Hamburg ist Erdogan daher ein rotes Tuch.
Differenzen bei Gülen-Bewegung
Die Türkei drängt bei ihren Partnern seit dem Umsturzversuch vor einem Jahr darauf, die Medien, Schulen und anderen Einrichtungen der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen zu schließen. In der Türkei wird die weltweit tätige Bewegung für den Putschversuch verantwortlich gemacht und als Terrororganisation eingestuft.
Ankara ist daher verärgert, dass Washington den in Pennsylvania lebenden Prediger Gülen nicht ausliefert. Besonders gegenüber Deutschland drängt die türkische Regierung zudem darauf, dass mutmaßliche Gülen-Anhänger überstellt werden, die seit dem Putschversuch in der Bundesrepublik Asyl beantragt haben. Nach Ansicht der USA und Deutschlands hat Ankara bisher keine ausreichenden Beweise dafür vorgelegt, dass Gülen tatsächlich der Drahtzieher des Putsches war.
Umgang mit kurdischen Gruppen
Differenzen gibt es auch bei dem Umgang mit der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) in Syrien. Für die USA ist sie ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), doch betrachtet die Türkei sie wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Terrororganisation.
Ankara fordert daher, dass Washington die Unterstützung für die PYD in Syrien aufgibt. Zudem drängt die türkische Regierung Deutschland und andere EU-Länder, härter gegen die PKK vorzugehen. Ankara kritisiert regelmäßig, dass die PKK Kundgebungen abhalten, Geld eintreiben und Kämpfer rekrutieren kann, obwohl sie auch in der EU als Terrororganisation eingestuft ist.
Ärger über Erdogans Leibwächter
Bei seinem letzten Besuch in Washington waren Erdogans Leibwächter vor der Residenz des türkischen Botschafters gewaltsam gegen prokurdische Demonstranten vorgegangen. In den USA sorgte dies für Empörung, die Justiz stellte Haftbefehle gegen die prügelnden Bodyguards aus. Deutschland teilte der Türkei daraufhin mit, dass sie auch in Hamburg nicht willkommen seien.