Der Rechnungshof in Baden-Württemberg hat das Vorgehen der früheren Landesregierung unter Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) beim Abschluss des EnBW-Deals scharf gerügt. Der Rechnungshof hinterfragt vor allem die Rolle der Investmentbank Morgan Stanley. Sie war für die Prüfung des Kaufpreises von 4,7 Milliarden Euro zuständig. Zudem seien Risiken nicht ausreichend berücksichtigt worden, monieren die Kontrolleure. Mappus hatte das Geschäft im Dezember 2010 mit großer Eile und am Landtag vorbei durchgezogen - angeblich weil der französische Energiekonzern EDF darauf bestand und EnBW im fremde Hände zu fallen drohte. Für den 45-prozentigen Anteil zahlte das Land 4,7 Milliarden Euro. Die grün-rote Nachfolgeregierung ist der Meinung, dass der Preis viel zu hoch war.
"Badische Neueste Nachrichten" (Karlsruhe)
Für die Landes-CDU ist das Erbe ihrer letzten Regierungsjahre eine Katastrophe. Zwar distanzierte sich Parteichef Thomas Strobl am Wochenende in kaum zu überbietender Deutlichkeit von Mappus und Notheis, doch sein Entsetzen über die Mailkorrespondenz des Duos ist eher taktischen Überlegungen geschuldet. Schließlich war Strobl als Generalsekretär der Adlatus von Mappus und könnte selbst noch vom EnBW-Mahlstrom erfasst werden. Der Parteitag am 21. Juli in Karlsruhe wird zeigen, wie groß der Unmut an der Basis ist.
"Neue Osnabrücker Zeitung" (Osnabrück)
Beinahe schon beiläufig hat sich zwischenzeitlich auch noch herausgestellt, dass der einstige Regierungschef sich offensichtlich von einem Investmentbanker steuern ließ. Die Politik in den Händen profitorientierter Geschäftemacher, das ist mehr als eine These linker Systemkritiker, in Baden-Württemberg war es traurige Realität. Mappus und seine Regierung sind, auch wegen des EnBW-Deals, Vergangenheit. Auf Schwarz-Gelb folgte Grün-Rot. Geblieben ist freilich doppelter Schaden: für das Land, das zu viel Geld bezahlt hat und nun zwei Milliarden Euro zurückverlangt. Und für die Politik, deren Ruf weit über die Grenzen des Ländles hinaus schwer beschädigt worden ist.
"Rhein-Neckar-Zeitung" (Heidelberg)
Über Mappus war dieser Tage zu lesen, er spekuliere weiterhin auf ein berufliches Angebot aus Südamerika. Also will auch er weiterhin größtmögliche Distanz zur alten Heimat herstellen. Zurück bleibt ein Scherbenhaufen, den die Hauks und Strobls der Südwest-CDU mühsam aufkehren. Selten hat ein Spitzenmann seine Partei so abgewirtschaftet wie Mappus.
"Stuttgarter Zeitung" (Stuttgart)
Leider kommen die Rechnungsprüfer zu dem Ergebnis, dass das, was Morgan Stanley lieferte und Mappus akzeptierte, den Anforderungen der Landeshaushaltsordnung nicht genügt. So ergibt sich das deprimierende Bild der Auslieferung des Gemeinwohls an eigennützige Interessen, denen es - wie Mappus - um den nächsten Wahlerfolg oder - wie Notheis - um die Platzierung von Morgan Stanley auf der League table, der Rangliste der Investmentbanken geht. Der Politiker als Marionette des Bankers - schlimmer kann es kaum kommen.
"Hessische/Niedersächsische Allgemeine" (Kassel)
Strafrechtliche Ermittlungen sind nach diesen Feststellungen zwingend erforderlich. Was dem Skandal seine Tiefe verleiht, ist das Sittengemälde, das sich dem Betrachter auftut: Ein Regierungsstil, der nicht das Wohl des Landes, sondern den Termin von Wahlen im Auge hatte. Ein Regierungschef, der sich von einem Investmentbanker nicht nur beraten, sondern steuern ließ. Eine Politik, die an der Leine der Wirtschaft geführt wurde. All das ist abstoßend, ja erschütternd. Und war hoffentlich nur ein Einzelfall aus der Stuttgarter Zeit des Stefan Mappus.
"Eßlinger Zeitung" (Esslingen)
Zwar manövrieren sich die Kassenprüfer um die Frage herum, ob sie den im Dezember 2010 an den französischen EDF-Konzern gezahlten Preis von 4,7 Milliarden Euro für zu hoch halten. Was der Rechnungshof aber an wirtschaftlichen Mängeln und Verstößen bei dem Aktienrückkauf auflistet, belastet den einstigen Regierungs- und CDU-Chef Mappus ebenso wie die damaligen Regierungspartner CDU und FDP.