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Kritik nach EU-Wahl "Für den Mist stell' ich mich nicht mehr hin": An der SPD-Basis brodelt es

Europawahl: SPD-Spitze äußert sich zu enttäuschendem Ergebnis
O-Ton Andrea Nahles, SPD-Vorsitzende: "Die Ergebnisse, die wir bisher kennen, sind für die SPD extrem enttäuschend. Jeder weiß, dass die Umfragen für die SPD in den letzten Wochen schon nicht gut waren. Die Aufgabe bestand darin, dass wir versuchen, uns aus diesem Umfragetief herauszuarbeiten. Leider ist es uns trotz aller Anstrengungen nicht gelungen, das Ruder herumzureißen. Erstmals sind wir die drittstärkste Kraft bei einer bundesweiten Wahl geworden, hinter den Grünen. Ich sage in Richtung Grüne: Glückwunsch. Und ich sage Kopf hoch in Richtung SPD. Denn wir nehmen diese Herausforderung an."
O-Ton Katarina Barley (SPD), Europa-Spitzenkandidatin: "Das Thema Klimaschutz hat gerade in den letzten Tagen, aber eigentlich schon den ganzen Wahlkampf hindurch, eine riesige Rolle gespielt. Und da sind wir offensichtlich noch nicht gut genug aufgestellt. Ich habe echt alles gegeben, was ich konnte. Mehr ging nicht. Aber ich will an dieser Stelle wirklich sagen, dass ich wirklich zutiefst stolz bin, Mitglied dieser Partei zu sein. Und dass ich so, so sicher bin, dass dieses Land und dieses Europa eine starke Sozialdemokratie braucht. Das bleibt meine ganz feste Überzeugung. Und deswegen werde ich in Zukunft in Europa meine Kraft einsetzen, um eine starke sozialdemokratische Handschrift dort zu schreiben für ein freies, ein vielfältiges, ein sicheres und vor allen Dingen natürlich auch ein soziales Europa. Ich werde heute Abend wie angekündigt, mein Amt zur Verfügung stellen. Ich werde die Bundeskanzlerin darüber in Kenntnis setzen und freue mich auf die neue Aufgabe. Und freue mich darauf, weiterhin mit euch zusammen für ein starkes Europa zu kämpfen."

Die Wahlergebnisse in Bremen, aber vor allem bei der Europawahl sind eine schallende Ohrfeige für die SPD. 15,8 Prozent erreichte die Partei bei der EU-Wahl. Vorsitzende Andrea Nahles sagte ihren Genossen am Wahlabend "Kopf hoch". Doch einige haben nur eines im Kopf: Wut.

Es ist eine desaströse, krachende Wahlniederlage. Anders kann das Abschneiden der SPD bei der Europawahl kaum bezeichnet werden. 15,8 Prozent erreichten die Sozialdemokraten nur, landeten hinter Union und den Grünen, die ihren Wahlerfolg feierten. 15,8 Prozent, das ist ein Verlust von 11,5 Prozent im Vergleich zur EU-Wahl 2014.

Enttäuschung machte sich unter den Genossen breit. Parteichefin Andrea Nahles sprach von "schmerzlichen Ergebnissen, die zeigen, dass wir noch viel zu tun haben". Die Ergebnisse seien "extrem enttäuschend", sagte sie in Berlin vor SPD-Anhängern im Willy-Brandt-Haus. Sie kündigte an, verstärkt auf das Thema Klimaschutz zu setzen, mit dem die Grünen Erfolg gehabt hätten. So wolle man in der Koalition noch in diesem Jahr ein Klimaschutzgesetz durchsetzen.

Wut bei Wahlkämpfern an der Basis

Doch die Worte ihrer Vorsitzenden reichen einigen an der Parteibasis nicht. Mehr noch: Sie lösen bei den Genossen Wut und Enttäuschung aus. So machen Jusos aus Dudweiler und Schaumburg und SPD-Mitglieder aus Herringen und Essen teils unverhohlen ihrem Unmut Luft. So schreibt @henhman, der sich als "SPD Mensch" bezeichnet, auf Twitter zum Beispiel: "Das reicht mir jetzt. Für den Mist stell ich mich nicht mehr hin. Keine Vorsitzende mehr, die einfach unbeliebt ist und miese Reden und Auftritte hinlegt (…) Ich prügele mich hier durch jeden Wahlkampf, bei uns vor Ort stimmen die Ergebnisse und dieser Haufen in Berlin bekommt nix hin".

Andere schreiben, dass das Statement von Nahles eine Klatsche für all jene sei, die sich im Wahlkampf stark engagiert haben. Doch auch die Wahlergebnisse seien schmerzhaft.

 

Einige fordern nach der Wahlniederlage der SPD ernsthafte Konsequenzen an der Parteispitze – und ein Umkrempeln der alten Tante SPD.

Trotz der Forderungen der SPD-Genossen – ob auf kommunaler oder Bundesebene – warnten führende SPD-Politiker vor schnellen personellen Konsequenzen. Von Personalquerelen halte er sehr wenig, sagte SPD-Vize Ralf Stegner vor Beratungen der Parteispitze. "Das schadet uns in jedem Fall." Dennoch fordert er gemeinsam mit Juso-Chef Kevin Kühnert und Fraktionsvize Matthias Miersch einen Kurswechsel: "Wir bekennen uns (...) ohne Wenn und Aber zum Ziel, in Zukunft ein progressives Bündnis links der Union anzuführen und dies in Wahlkämpfen auch zu vertreten", heißt es in einem Positionspapier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Wenn die Koalition Bestand haben solle, müsse die GroKo liefern, so das Papier weiter. Wie es mit der SPD und ihrer Führungsspitze weitergehen soll, entscheidet sich aber wohl in den nächsten Tagen und Wochen. 

Im Video: "Wir wirken verstaubt" – So unterschiedlich äußern sich CDU und SPD zum vergeigten Wahlergebnis

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rw / mit Agenturen DPA AFP

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