Jede Woche halten die Demoskopen für Bundeskanzler Schröder und seine Partei neue Hiobsbotschaften bereit: Laut dem "Spiegel" würden nur noch 23 Prozent die Sozialdemokraten wählen, eine Minus in Höhe von vier Prozent. Ähnlich deprimierende Zahlen hat das ZDF ermittelt. Bitter für den vom Reformunmut bislang verschonten Regierungschef auch das Umfrageergebnis: Danach wünschen sich laut "Spiegel" nur noch 39 Prozent der Deutschen von Schröder eine "wichtigere Rolle". Der schlechteste Wert seiner bisherigen Regierungszeit.
Nun ist es aber nicht so, dass die Chefs der Unionsparteien zwingend als Alternative angesehen werden. Nur knapp jeder vierte Befragte glaubt laut dem Meinungsforschern von Forsa daran, dass CDU/CSU mit den Problemen des Landes am besten fertig würden. Zufrieden mit ihrer Arbeit als CDU-Chefin sind lediglich 37 Prozent, drei Prozent weniger als vor noch vor drei Monaten, der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber fällt um vier Prozent auf 35 Prozent.
Klar werden muss, dass die Union eine Alternative ist
Ob die Verluste damit zu tun haben, dass, wie Kritiker sagen, die Union eine rezeptlose Oppositionspolitik betreibe, wurde nicht gefragt. Nach den jüngsten Äußerungen von Angela Merkel aber könnte genau dies ein Knackpunkt sein. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) übt die CDU-Vorsitzende Kritik am Zustand ihrer Partei(en). "Die Leute fragen sich: Ist die Union eine wirkliche Alternative?", so Merkel und weiter: "Dass sie es ist, muss klarer werden".
Deswegen ruft sie die eigenen Reihen erneut zur Geschlossenheit auf. "Die Politik der Union darf keine Zweifel entstehen lassen. Sie muss als verlässliche Alternative wahrgenommen werden". Bis zum CDU-Parteitag im Dezember müsse die CDU "ein geschlossenes Konzept haben, einig auch mit der CSU", so die Parteivorsitzende.
Keine Selbstgerechtigkeit, keine Schadenfreude
Dass die Union, trotz leichter Einbußen, noch immer mit der Unterstützung von rund 48 Prozent der Bevölkerung rechnen könnte, darf laut Merkel aber nicht zu Selbstgerechtigkeit, gar Schadenfreude über den Zustand der SPD führen. Vor allem fürchtet sich Merkel davor, sich bei dem SPD-Virus anzustecken: "Bei einer tief zerstrittenen Regierungspartei wie der SPD besteht die Gefahr, dass das auch Auswirkungen auf die andere Volkspartei hat, also auf uns. Wir dürfen uns vom Zerfransen und Zerfasern nicht anstecken lassen", sagt Merkel. "Wir müssen nun besonders intensiv darauf achten, stringent und geschlossen aufzutreten."
Klärungsbedarf für eine gemeinsame Linie Angela Merkel der "FAS" zufolge bei den Themen Sicherung des Rentensystems und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Hier hat die Union auch emotional noch Defizite", so Merkel.
Von Einigkeit bei dem großen Streitthema, der Gesundheitspolitik, ist die CDU/CSU offenbar noch weit entfernt: Angela Merkel nicht bereit, eine abgeschwächte Form des so genannten Prämienmodells zu akzeptieren. Sie sieht Vorschläge des Finanzexperten Bert Rürup kritisch, der eine modifizierte Form des von der CDU favorisierten Prämienmodells erarbeitet hat.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Merkel sagte der "FAS": "Rürup geht in die richtige Richtung." Grundlage für die CDU "werden aber nicht die Pläne von Herrn Rürup sein, sondern die Leipziger Parteitagsbeschlüsse der CDU", stellte die Parteichefin klar. "Es wird keine Mischform aus Bürgerversicherung und Prämienmodell für die Union geben."
Pauschale Gesundheitsprämie von 170 Euro pro Monat
Rürup will sein Konzept an diesem Donnerstag präsentieren. Er plant, den prozentual vom Bruttoeinkommen erhobenen Beitrag zur gesetzlichen Krankenkasse durch eine pauschale Gesundheitsprämie von 170 Euro pro Monat zu ersetzen. Der "Gesundheits-Soli" würde zwischen drei und fünf Prozent der Steuerschuld betragen und müsste auch von Privatversicherten bezahlt werden.
Laut "Spiegel" haben sich der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber und der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers jedoch positiv zu dem Modell geäußert. Der CDU-Gesundheitsexperte Andreas Storm ließ Sympathie für das von Rürup überarbeitete Modell erkennen. "Das sind sehr interessante Vorschläge, die wir intensiv prüfen werden." Viel zu tun für Angela Merkel, die erwartet, dass über die Zukunft des Gesundheitssystems zwischen CDU und CSU bis Jahresende eine gemeinsame Linie vorliegt.