stern-Umfrage SPD hat Vertrauen der Arbeiter verloren

Kurz vor dem SPD-Parteitag in Hamburg haben die Deutschen den Genossen ein niederschmetterndes Zeugnis ausgestellt: 73 Prozent der Deutschen glauben, dass die SPD das Vertrauen der Arbeiter verspielt hat. Auch die Einschätzung des Führungspersonals ist für die SPD verheerend.

Die SPD steht vor einem Parteitag, auf dem wichtige Weichen gestellt werden sollen, auf dem sie den Wählern erklären will, warum es sich doch lohnt, SPD zu wählen statt etwa "Die Linke" Oskar Lafontaines. Es geht um das Arbeitslosengeld I, um die Privatisierung der Bahn, um Afghanistan. Aber es geht auch um die Frage: Schafft die SPD es in Hamburg, ihrer alten Klientel, den "kleinen Leuten", das Gefühl zu vermitteln, für sie da zu sein?

Wie dringend der Nachholbedarf der Genossen ist, zeigt eine Forsa-Umfrage im Auftrag des stern und des Fernsehsenders RTL: In der Umfrage stellen die Deutschen den Genossen ein niederschmetterndes Zeugnis aus. Demnach ist ein Großteil der Bundesbürger der Ansicht, dass sich die SPD nicht mehr genügend um die kleinen Leute kümmert. Nach den Ursachen gefragt, weshalb die SPD seit Monaten im Umfragetief steckt, antworteten knapp drei Viertel (73 Prozent) der Befragten, die Partei habe das Vertrauen der Arbeiter verspielt. 66 Prozent meinen, die SPD sei zu sehr zerstritten, 64 Prozent sind der Ansicht, sie habe keine überzeugenden Führungspersönlichkeiten.

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Mehrheit für Verbleib Münteferings im Amt

Auch das Auftreten der Genossen in der Großen Koalition ist für die Bürger ein Problem. Dass sich die SPD in der Großen Koalition zu wenig durchsetzt, denken 62 Prozent. Dagegen erklärte nur jeder Zweite (51 Prozent), dass das Parteiprogramm nicht attraktiv genug sei. Bei der Frage waren Mehrfachnennungen möglich.

Aus dem Streit zwischen Vizekanzler und Arbeitsminister Franz Müntefering und Parteichef Kurt Beck sowie Münteferings Niederlage folgern die Deutschen dabei nicht, dass der Minister zurücktreten müsste. Nur wenige Bürger (19 Prozent) fordern ein Rücktritt Münteferings. Die überwältigende Mehrheit von 75 Prozent will, dass er weiter im Amt bleibt.

SPD legt einen Punkt zu

Trotz der insgesamt schlechten Beurteilung konnte die SPD in der wöchentlichen Forsa-Politumfrage im Auftrag des stern und des Fernsehsenders RTL im Vergleich zur Vorwoche einen Punkt hinzugewinnen und erreicht nun 26 Prozent. Die Union gab einen Punkt ab, liegt jedoch mit 39 Prozent weiter klar vorn. Die FDP stieg um einen Punkt auf zehn Prozent, die Grünen sanken um einen Punkt auf neun Prozent. Unverändert blieb der Wert für die Linkspartei, die wie in der Vorwoche auf elf Prozent kommt. Für sonstige Parteien würden fünf Prozent der Wähler stimmen.

Nur 16 Prozent wollen Beck als Kanzler

Aber auch dieser kleine Zugewinn dürfte in der Berliner SPD-Zentrale keine Jubelrufe auslösen. Denn zum einen krebst die SPD im Vergleich zur Union auf einem für sie erschreckend niedrigen Niveau herum, zum anderen liegt ihr Spitzenmann - SPD-Chef Kurt Beck - bei der sogenannten Kanzlerpräferenz meilenweit hinter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Gefragt, wen die Deutschen bei einer Direktwahl zum Kanzler wählen würden, entschieden sich 59 Prozent der Bürger für Merkel und nur 16 Prozent für Beck. Sogar 45 Prozent der SPD-Anhänger ziehen Merkel vor.

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