Steuerdebatte Stoibers Steuerkonzept und der Streit mit der Schwester

Wie schon bei der Gesundheits- und Rentendebatte versucht die CSU erneut, sich als Partei des kleinen Mannes zu profilieren. Entgegen der Linie von CDU-Chefin Merkel präsentierte Edmund Stoiber jetzt überraschend eigene Vorschläge zur Steuerpolitik.

Kaum hatte die CDU das Steuerkonzept ihres Finanzexperten Friedrich Merz gebilligt, blies die CSU zum Angriff. Das CDU-Konzept müsste unter sozialpolitischen Gesichtspunkten noch zurecht gezimmert werden, sagte der CSU-Sozialpolitiker Horst Seehofer. Die soziale Balance müsse gewahrt bleiben, forderte der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser und lehnte den vorgeschlagenen Stufentarif ebenso ab wie die Streichung der Pendlerpauschale.

Wie schon bei der Gesundheits- und Rentendebatte versucht die Christlich-Soziale Union erneut, sich als die Partei des kleinen Mannes zu profilieren. "Jetzt geht es erst mal um die Führungsfrage: Wer bestimmt den Kurs der Union?" erklärte der Münchner Parteienforscher Andreas Kießling. Je stärker CSU-Chef Edmund Stoiber in den Umfragen dastehe, je größer der innerparteiliche Rückhalt sei, desto mehr Einfluss habe er bei inhaltlichen und personellen Fragen.

"Absolut in die richtige Richtung"

Der bayerische Ministerpräsident hatte nur Lob für das Steuerkonzept von Merz. Es "geht absolut in die richtige Richtung" und "ist genau, was das Land braucht", sagte Stoiber am Dienstag, fügte allerdings hinzu, die Auswirkungen für einen Arbeitnehmerhaushalt müssten jetzt erst einmal durchgerechnet werden.

Dass die CSU die "Partei der Leberkäs-Etage und nicht der Champagner-Etage" sei, betont Stoiber immer wieder. Kießling erklärte, die CSU sei traditionell in der Sozialpolitik etwas stärker engagiert als die große Schwesterpartei. Wenn sie nicht alle Bevölkerungsschichten im Auge habe, würde sie ihre absolute Mehrheit im Freistaat gefährden: "Sie muss immer zeigen, dass sie auch die Partei der kleinen Leute ist." Das sei nicht neu, sondern fester Bestandteil ihres Erfolgsrezeptes.

Ob der Stufentarif bei der Steuer oder die Kopfpauschale bei der Krankenversicherung wirklich weniger sozial sei, sei gar nicht entscheidend. "Es ist dem Schein nach unsozial. Davon muss sich die CSU distanzieren", erklärte der Politologe.

Symbole und Psychologie

Faltlhauser sagte, der linear-progressive Steuertarif sei ein Symbol für eine gerechte Steuerpolitik. "Es ist leichtfertig, dieses Markenzeichen weg zu werfen."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Als ungerecht empfänden viele Bürger auch die von der CDU vorgeschlagene, vom Einkommen unabhängige Beitragspauschale in der Krankenversicherung, heißt es in der bayerischen Staatskanzlei. Sie sei "inhaltlich und psychologisch ein schwerer Fehler" und könnte die Mehrheitsfähigkeit der Union bei der Bundestagswahl 2006 gefährden.

Bei solchen Fettnäpfen geht die erfolgreiche Volkspartei CSU auf Distanz. Dafür riskiert sie auch, dass das Bild einer geschlossenen Union vorübergehend beschädigt wird.

Dass die CSU auch flexibel ist, bewies sie bei der jüngsten Gesundheitsreform. Sie trägt den Kompromiss mit, nach dem die Bürger Zahnersatz und Krankengeld künftig selbst versichern müssen, obwohl sie dies vorher heftig bekämpft hatte. Und sie befürwortet weitere Ausgliederungen aus der paritätischen Krankenversicherung in den nächsten Jahren, schrittweise, um die Bürger nicht zu überfordern - Kopfpauschalen light sozusagen.

Erst 2004 gemeinsames Unions-Konzept

Bei der großen Steuerreform kündigt Stoiber einen Kompromiss an. Zunächst werde die CSU ein eigenes Modell vorlegen, aber 2004 werde die Union mit einem gemeinsamen Konzept vor die Bürger treten.

Roland Losch