Volker Kauder blickt ganz gelassen auf die neu aufgestellte SPD. Gefahr für die Union sieht der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende nicht. "Die SPD hat die Positionen des Kanzlerkandidaten und des Parteivorsitzenden mit bekannten Leuten besetzt", sagte er stern.de. "Aber sie hat das Problem der Abgrenzung zur Linkspartei nicht gelöst, und so lange dies nicht geschehen ist, wird sie von der Linkspartei getrieben werden." Für die eigene Partei, die er den "stabilen Teil der Koalition" nennt, hat er einfachen Rat: "Die CDU muss geschlossen bleiben."
Ähnlich argumentiert auch der bayerische CSU-Ministerpräsident Günther Beckstein. "Ich fordere die SPD auf, sich endlich von der Linkspartei abzugrenzen und nicht mehr den Linken hinterher zu rennen." Und überdies wolle er jetzt erst einmal sehen, ob Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier weiterhin vollkommen abtauche, "wo es innenpolitisch brennt".
Ein norddeutsches CDU-Präsidiumsmitglied spottet: "Der Steinmeier kann doch keinen Hering vom Teller ziehen." Da müsse es doch möglich sein, dass die Union die notwendigen 40 Prozent bei der Bundestagswahl erreiche. Eine Voraussetzung sei allerdings, dass sie den Wahlkampf 2009 nicht wieder so versiebe, wie dies 2002 mit Stoiber und 2005 mit Merkel der Fall gewesen sei.
Nervosität im Kanzleramt
Jenseits der öffentlichen Stellungnahmen fällt die Analyse der neuen Lage keineswegs so eindeutig aus. Dass die SPD in ersten Umfragen wieder einen stattlichen Zugewinn ausweist, beunruhigt die CDU-Zentrale nicht. Man habe sowieso nie geglaubt, dass die SPD auf 20 Prozent sitzen bleiben werde, heißt es dort. Jetzt werde von den Genossen eine Doppeltaktik praktiziert: "Der Steinmeier macht auf staatsmännischen Kanzlerkandidat, der Müntefering ist für die Attacken zuständig."
Allerdings dürfe man sich auch wundern darüber, dass die SPD jetzt von dem Mann geführt werde, der zuvor von der Partei weggeschickt worden sei. Die Gefahr, dass die neu formierte SPD bei der Union Wähler holen könnte, sehen diese CDU-Analytiker nicht. Diese Gefahr bestehe nur für die Linkspartei.
Auch im Kanzleramt schaut man sehr gespannt auf die kommenden Umfragen und Entwicklungen. Angela Merkel hat von außen betrachtet die Nominierung von Steinmeier zum Kanzlerkandidaten relativ gelassen entgegengenommen. Sie gratulierte nach allen Regeln der Höflichkeit. CDU-intern gibt es aber erhebliche Sorgenfalten über die Neuformierung der SPD.
Man müsse davon ausgehen, so ein erfahrener Mitstreiter Merkels, dass jetzt die nächste Bundestagswahl überaus spannend werden könnte. Die Überlegung: Mit dem Kanzlerkandidaten Steinmeier und dem SPD-Parteichef Müntefering könne die SPD jetzt wieder mehr Stimmen in der Mitte des Wählerspektrums bekommen.

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Dreier-Bündnis angedacht
Man müsse sich jetzt auf 33 Prozent der SPD einstellen, zumal sie für derzeitige Nichtwähler wieder attraktiver geworden sei. Da dieser Stimmenzuwachs zu Teilen auch auf Verlusten der CDU beruhen dürfte, werde es jetzt für die Union noch schwieriger, auf die erhofften 40 Prozent bei der Bundestagswahl zu kommen. Damit rücke jedoch die gewünschte Zwei-Parteien-Koalition mit der FDP wieder weiter weg.
Schon jetzt sei deshalb ein Dreierbündnis mit FDP und den Grünen einzukalkulieren, heißt es. Wenn die CDU/CSU in dieser Richtung zu lange zögere, könne die FDP vielleicht bereit sein, mit der SPD und den Grünen eine Koalition zu bilden. Denn der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sei fest entschlossen, nach der nächsten Bundestagswahl die FDP an die Regierung zu bringen, da sonst seine politische Karriere an der Spitze der Liberalen beendet sein dürfte.