In Deutschland einen Therapieplatz zu bekommen, ist verdammt schwer und dauert oft viel zu lange. Im Gespräch mit Michel Abdollahi erklärt Psychotherapeutin Franca Cerutti in der 343. Folge von "heute wichtig": "Fakt ist, dass Menschen viel zu lange auf Therapieplätze warten müssen und das, obwohl es eigentlich genügend Psychotherapeuten gibt, die dann aber keine sogenannte Kassenzulassung bekommen." Denn die Kassenärztliche Vereinigung bestimmt, wie viele Psychotherapeuten in einem bestimmten Gebiet zugelassen werden dürfen.
Das ist ein riesiges Problem, denn die Nachfrage für Therapieplätzen ist da und kann von den Psychotherapeuten nicht gedeckt werden. Deshalb fordert Franca Cerutti: "Der Bedarf müsste realistischer erfasst werden."
Therapiestunde in der Hosentasche
Um eine Alternative zu einer ordentlichen Psychotherapie zu bieten, gibt es inzwischen ein riesiges Angebot an Apps, die eine therapeutische Beratung anbieten. Doch hier ist Vorsicht geboten. Auch wenn Franca Cerutti diese Programme nicht verteufelt, betont sie: "Aus der Therapiewirksamkeitsforschung weiß man, was letzten Endes am meisten Wirksamkeit entfaltet, ist die menschliche Beziehung und das kann keine App gewährleisten."
Neben kostenlosen Programmen gibt es auch welche, deren Kosten von der Krankenkasse gedeckt werden. Alles, was man dafür braucht, ist ein Rezept. Das Positive daran ist: "Gerade Apps, die sogar krankenkassenfinanziert sind, haben ihre Wirksamkeit beweisen müssen." Sie seien eine sinnvolle Ergänzung zu der herkömmlichen Therapie, erklärt die Psychotherapeutin. Besonders dann, wenn äußerliche Umstände dafür sorgen, dass ein Mensch nicht persönlich in Behandlung gehen kann.

Podcast "heute wichtig"
Klar, meinungsstark, auf die 12: "heute wichtig" ist nicht nur ein Nachrichten-Podcast. Wir setzen Themen und stoßen Debatten an – mit Haltung und auch mal unbequem. Dafür sprechen Host Michel Abdollahi und sein Team aus stern- und RTL-Reporter:innen mit den spannendsten Menschen aus Politik, Gesellschaft und Unterhaltung. Sie lassen alle Stimmen zu Wort kommen, die leisen und die lauten. Wer "heute wichtig" hört, startet informiert in den Tag und kann fundiert mitreden.
Das eigentliche Problem unter dem Hashtag #mentalhealth
Eine weitere Alternative oder Ergänzung können soziale Medien seien. Auf Instagram gibt es mehr als 40 Millionen Einträge unter dem Hashtag #mentalhealth. "Da tummeln sich natürlich etliche Menschen, die überhaupt keine Expertise haben oder die sich schlichtweg Sachen ausdenken, von denen sie meinen, das könnte hilfreich sein." Das kann gefährlich werden. Allerdings betrachtet Franca Cerutti auch hier beide Seiten. Denn "manchmal ist es so, dass das richtige Wort oder der richtige Satz im richtigen Moment eine Wirkung entfacht, die wieder hilfreich sein kann." Es kann also auch etwas Gutes sein, zum Thema psychische Gesundheit zu posten.
Zwei Wünsche hat die Psychotherapeutin allerdings, um gefährliches Halbwissen zu vermeiden, das teilweise in den sozialen Medien verbreitet wird: Zum einen sollte psychische Gesundheit zur Allgemeinbildung gehören und in der Schule thematisiert werden. Zum anderen bemängelt sie, dass tatsächlich ausgebildete Expert:innen auf dem Gebiet zu zögerlich in den sozialen Medien seien.
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