"heute wichtig" Plötzlich Deutschunterricht: Was ukrainische Schulkinder jetzt brauchen

Bayern, München: Flüchtlinge aus der Ukraine warten nach ihrer Ankunft am Hauptbahnhof in einer Halle
Bayern, München: Flüchtlinge aus der Ukraine warten nach ihrer Ankunft am Hauptbahnhof in einer Halle
© Sven Hoppe / DPA
Gerade drückten sie noch die Schulbank und plötzlich sind sie auf der Flucht. In Italien sind einige Kinder und Jugendliche schon in Willkommensklassen angekommen. Deutschland steht da noch in den Startlöchern. Was für den neuen Schulstart wichtig ist, weiß Wolfgang Büscher, der Pressesprecher der ARCHE Kinderstiftung in Berlin. 

Seit Beginn des Krieges am 24. Februar sind mehr als drei Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Dabei handelt es sich um Schätzungen und es ist nicht unwahrscheinlich, dass es mehr sind und vor allem auch mehr Menschen werden, die in den angrenzenden Staaten und auch in Deutschland ankommen.

Laut James Elder, dem Sprecher der Unicef, sind darunter durchschnittlich jeden Tag 70.000 Kinder zu Geflüchteten geworden. Täglich sind das etwa so viele Kinder, wie die Städte Aschaffenburg oder Celle Einwohner haben. Diese Anzahl an Kindern und Jugendlichen macht somit knapp die Hälfte der drei Millionen Geflüchteten insgesamt aus – und es werden täglich mehr. 

Meistens kommen die Minderjährigen mit ihren Familien über die Grenzen – oft nur mit ihren Müttern, denn die Väter bleiben in der Ukraine und verteidigen dort ihr Land. Pressesprecher der ARCHE Kinderstiftung in Berlin-Hellersdorf, Wolfgang Büscher, berichtet in Folge #235 von "heute wichtig", dass auch Kinder und Jugendliche allein am Berliner Hauptbahnhof ankommen.  Die Unterbringung der geflüchteten Minderjährigen stelle dabei eine große Herausforderung dar, weil sie aus Sicherheitsgründen nicht unbeaufsichtigt in Hotels oder Jugendherbergen unterkommen können. Dennoch seien Notunterkünfte oder private Wohnungen mit vielen anderen Kindern auch nicht die beste Lösung. Hier könne es schnell zu laut und chaotisch werden, wodurch die Konzentration und die Ruhephasen leiden würden.

"Die Kinder müssen Deutsch lernen – nur dann klappt die Integration.”

Damit die Kinder und Jugendlichen ihre Schulbildung weiterhin bekommen können, bereiten sich viele Schulen in Deutschland darauf vor. In Schleswig-Holstein sollen laut der Bildungsministerin Karin Prien (CDU) Schüler:innen, die jetzt ihren Abschluss gemacht hätten, diesen in der deutschen Schule online absolvieren können. Aber auch die anderen Bundesländer bereiten sich auf die Willkommensklassen vor.

Michel Abdollahi
© TVNOW / Andreas Friese

Podcast "heute wichtig"

Klar, meinungsstark, auf die 12: "heute wichtig" ist nicht nur ein Nachrichten-Podcast. Wir setzen Themen und stoßen Debatten an – mit Haltung und auch mal unbequem. Dafür sprechen Host Michel Abdollahi und sein Team aus stern- und RTL-Reporter:innen mit den spannendsten Menschen aus Politik, Gesellschaft und Unterhaltung. Sie lassen alle Stimmen zu Wort kommen, die leisen und die lauten. Wer "heute wichtig" hört, startet informiert in den Tag und kann fundiert mitreden.

Wolfgang Büscher appelliert an die Regierung, dass Lehrkräfte und Erzieher:innen aus der Ukraine schnellstmöglich eine Arbeitserlaubnis bekommen sollen, um die Schüler:innen unterrichten zu können. Dennoch sei es für eine erfolgreiche Integration durchaus wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen auch die deutsche Sprache lernen. Die Geflüchteten werden, so Büscher, länger in Deutschland bleiben, als sie es gerade hoffen und so sollte Deutsch als Zweitsprache auf dem Stundenplan stehen. 

"Ein brutaler Start ins Regieren”

100 Tage schon hat Deutschland nicht nur eine neue Regierung, sondern auch einen neuen Kanzler: Olaf Scholz. Für viele jüngere Menschen ist es das erste Mal, dass sie jemand anderes als Angela Merkel in dieser Rolle sehen. Es ist auch das erste Mal, dass eine Koalition aus drei Parteien auf Bundesebene zusammen regiert. Nun hat die sogenannte Ampel, bestehend aus der SPD, den Grünen und der FDP, die magischen ersten 100 Tage hinter sich.

Chefredakteur des "Hamburger Abendblatt" und Scholz-Biograf, Lars Haider, bewertet die Leistung dieser Koalition mit einer Schulnote zwei. Zwischenzeitlich hielt sich die Regierung unter Scholz allerdings noch bei befriedigend und ausreichend auf. Fluch und Segen in den ersten 100 Tagen der Ampel waren dabei die Krisen. "Es war ein brutaler Start ins Regieren und eine brutale Begegnung mit der Wirklichkeit", sagt Haider. Aber genau diese Krisen taten den Politiker:innen auch auf eine gewisse Art gut. So wurde Annalena Baerbock zu Beginn der Ampel noch belächelt und verhandelt jetzt mit dem russischen Außenminister Sergej Lavrov über den Krieg. Auch Olaf Scholz, der sich eher zurückhaltend zeigte, kam mehr aus sich heraus und konnte, so Haider, die Ära Merkel mit nur einer Rede zur Sicherheitspolitik Ende Februar beenden.

Krisen schweißen die Ampel zusammen

Typisch Scholz, das weiß Lars Haider als Biograf genau, ist, dass Olaf Scholz nie Minister:innen nach außen kritisieren würde. Jede Kritik, die es gibt, wird erst innerhalb der Regierung kommuniziert und Konflikte werden intern ausgetragen. Das sei in der Regierung auch so angekommen. Haider unterstreicht: "Es wäre auch absurd und nahezu peinlich, wenn angesichts der Lage in der Ukraine, sich die Ampelregierung intern streiten würde.” Fest steht für den Journalisten: Wenn die Ampel diese Krisen übersteht, kann ihr nichts mehr passieren.

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fs

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